Rette sich, wer kann! Jetzt kommt’s richtig dick

Die Börsen-Fachfrau Constanze Hintze spricht im AZ-Interview über die Folgen der Finanzmarktkrise und Alternativen für verunsicherte Anleger.
AZ:Manche Berater sprechen angesichts des Kursverfalls an den Börsen von günstigen Einstiegsmöglichkeiten. Sind Sie auch so optimistisch und raten, Aktien zu kaufen?
CONSTANZE HINTZE: Nein. Das, was jetzt passiert, bestätigt unsere Vorsicht gegenüber Einzelaktien. Wer statt auf Fonds auf Einzelwerte wie zum Beispiel Siemens setzt, dem kann es eben passieren, dass die Siemens-Aktie an einem einzigen Tag 20 Prozent verliert.
Sollen Anleger jetzt also ganz raus aus Aktien?
Wer auf Sicht der nächsten zwölf Monate an sein Geld muss, sollte sein Aktien-Engagement auflösen. Wer einen längeren Zeithorizont hat, kann drinbleiben. Allerdings raten wir nur zu einem Aktien-Anteil um die 25 Prozent.
Kann es nicht sein, dass Anleger, wenn sie jetzt zu ängstlich sind, Chancen verpassen?
Solche Diskussionen hatten wir auch im Jahr 2000, als die Kurse im Neuen Markt abgestürzt sind. Damals sagten optimistische Beobachter, ein hoher Kurs sei bei Hoffnungswerten gerechtfertigt. Nur: Wer sagt mir, ob eine Prognose über künftige Gewinnerwartungen – und jeder Kurs spiegelt ja die Prognosen des Unternehmens selbst und der Börse wider – auch realistisch ist? Dafür gibt es keine Garantie.
Wie werden sich die Börsen in den nächsten Monaten entwickeln?
Wir werden noch ein heftiges Auf und Ab sehen. Die Berichtssaison der Unternehmen hat ja gerade begonnen. Die Firmen fangen jetzt erst an, über die ersten Monate des Jahres zu sprechen. Der Dollar steht extrem niedrig, das wird einigen Export-Unternehmen sicher zu schaffen machen.
Es gäbe ja auch noch andere Aktien als die deutscher oder amerikanischer Firmen. Beispielsweise asiatische.
Schon, aber welche? Der chinesische Aktienindex ist extrem gefallen. China hängt in hohem Maß am Konsum in den USA, der um 20 Prozent eingebrochen ist.
Was bleibt dann überhaupt als Anlagemöglichkeit?
Wir raten zu sicheren Anlagen, beispielsweise Bundesanleihen.
Die sind aber zuletzt ziemlich teuer geworden.
Ja, aber mit denen fühle ich mich momentan gut. Alles andere ist schwierig: Was passiert beispielsweise, wenn eine private Bank wegen der Hyp0thekenkrise in Schwierigkeiten gerät? Würde da der Staat eingreifen wie bei der IKB? Das ist nicht gesagt. Auch Tagesgeldkonten finde ich problematisch. Es ist nicht klar, ob der Einlagensicherungsfonds der Banken zahlen würde, wenn ein Kreditinstitut aufgrund der Finanzmarktkrise in Liquiditätsprobleme käme. Der Einlagensicherungsfonds ist nämlich bei Problemen, die aus Verwerfungen an den Finanzmärkten herrühren, nicht zur Hilfe verpflichtet.
Wann, glauben Sie, werden sich die Börsen erholen?
Mit einer Prognose tue ich mich zum jetzigen Zeitpunkt schwer. Im vierten Quartal könnte es vielleicht wieder eine Erholung geben. Aber bis dahin werden wir noch viele Enttäuschungen sehen.
sun