Rand- und Reizfiguren

Matthias Maus, AZ-Chefreporter über Sarrazin und Steinbach. Steinbach ist ein erledigter Fall, Sarrazin ist es nicht.
Erst Sarrazin, dann Steinbach. Hat jetzt auch die Union ihr Problem mit Rand- und Reizfiguren? Die Fälle sind nicht zu vergleichen. Während Sarrazin die Evahermanisierung der Debatten befördert, eine Situation, in der gehört wird, wer provokant artikuliert, hätte Steinbach auf ihre Publicity gerne verzichtet. Sie hat mit ihrem unsäglichen Unsinn Hitler nachgeplappert, der ja auch von „zurückgeschossen“ sprach. Steinbach ist ein erledigter Fall.
Sarrazin nicht. Wenn jemand auf die Sahne haut, dass alle bekleckert sind, dann kann man ihn aus der Partei werfen, man kann ihn unmöglich machen oder ihn sogar ins Gefängnis schmeißen. Nur: Die Sahne bleibt da. Und sie wartet darauf, dass ein anderer kommt, um draufzuhauen.
Sarrazin hat ein Problem angesprochen, das eine erkleckliche Minderheit in Deutschland mit der „Integration“ hat – was immer das ist. Man soll nicht glauben, der Spuk sei vorbei, weil der Unruhestifter die Bühne verlassen hat. Weder Steinbach noch Sarrazin taugen als Leitfiguren für eine rechtspopulistische Partei. Aber das Potenzial, das haben die letzten Wochen gezeigt, ist da. Und es bleibt da, wenn sich die Gesellschaft, wenn sich die etablierten Parteien nicht mit ihm befassen.