Preise überall vergleichen: Das Handy als Scanner

Mit einem neuen Internetdienst können Kunden ihr Mobiltelefon in einen Barcodeleser verwandeln – und im Supermarkt Preise und Produkte vergleichen. Warum die EU das Projekt fördert
Haben Sie sich in letzter Zeit über einen Einkäufer gewundert, der im Supermarkt sein Handy zückte, Fotos von Wurst und Käse knipste und dann stirnrunzelnd auf das Display starrte? Nein, das war kein Tourist oder Foodfetischist – sondern ein „Barcoonaut“. Sein Handy hat ihm verraten, ob es das Produkt woanders günstiger gibt, ob der Käse Analogkäse ist, die Milch ESL, ob sein Einkauf Bio ist oder für Veganer geeignet.
„Barcoo“ heißt dieser Internetdienst fürs Handy, Benjamin Thym aus Karlsruhe hat ihn mit zwei Sandkastenfreunden entwickelt. Für ihr Verbraucherfreundliches Projekt werden sie mit EU-Mitteln gefördert. „Wir haben die Mission, Transparenz zu schaffen“, sagt der Jungunternehmer. „Klar gibt es all diese Informationen im Internet, aber eben nicht da, wo man sie braucht – beim Einkaufen.“
Barcoo funktioniert so: Mit der Handykamera scannt man den Barcode, „barcoo“ erkennt daran das Produkt und zeigt alle relevanten Daten an.
„Unsere Zielgruppe sind kritische und bewusste Verbraucher“, glaubt Thym. Die, die wissen wollen, was da in ihrem Einkaufskorb landet. Wie viel Strom der Fernseher wirklich frisst. Ob das Krebsfleisch echt ist oder nur Imitat. Mehr als 70 Prozent aller Lebensmittelprodukte erkennt der Scanner schon, von Elektronikartikeln und Medien wie CDs und Bücher über 98 Prozent.
Seit Anfang des Jahres ist „barcoo“ online, seitdem wird es ständig aktualisiert und erweitert, die Anwendung für noch mehr Handymodelle nutzbar gemacht. Auch die Nutzer, „Barcoonauten“ genannt, können Infos und Anmerkungen ins Netz stellen, „gutes Haargel, verklebt nicht“, oder „billige Kontaktlinsen, aber nicht verträglich“. „Barcoo wurde schon über 80000 Mal runtergeladen“, sagt Thym.
Auf den meisten Handys funktioniert der Dienst, nötig ist mobiles Internet, um die Daten abzurufen. Statt den Barcode abzufotografieren, kann man die Zahlen auch manuell eingeben. Zum runterladen müssen zukünftige Barcoonauten auf barcoo.mobi surfen. Die Internetverbindung kostet natürlich Geld – je nach Tarif, den man mit seinem Handyanbieter abgeschlossen hat.
„Barcoo“ errechnet auch die Lebensmittelampel für Fett, Zucker und Salz, gegen die sich die meisten Konzerne noch immer wehren. Gerade nimmt der Dienst Drogerieartikel in seinen Datenpool auf, auch Mode soll folgen. Rezepte, Informationen für Allergiker, Style-Vorschläge zu den Klamotten im Laden: Ideen haben die Jung-Unternehmer offenbar genug.
Nur die Geschäftsinhaber finden das nicht immer lustig: In den USA, wo es ein ähnliches Programm gibt, hat ein Händler sogar Handyempfang-Blocker vor seinem Laden aufgestellt. Und auch in Deutschland wurde einem Barcoonauten schonmal das Barcode-Knipsen verboten, sagt Benjamin Thym. „Im Endeffekt ist das das Hausrecht vom Händler. Aber ich würde in so einem Laden nicht mehr einkaufen. Und der Händler sollte sich fragen, was das mit seinem Image anrichtet, wenn er die Kunden so bevormundet.“ Laura Kaufmann