Praktiker-Führung droht mit Insolvenz

200 Millionen Euro soll die Baumarktkette Praktikerkette benötigen, um eine Insolvenz zu vermeiden. Das äußerte der Vorstandschef Kay Hafner - und warb für sein Rettungspaket.
von  dpa

Hamburg - Die angeschlagene Baumarktkette Praktiker braucht nach Angaben des Vorstands eine Kapitalspritze von mehr als 200 Millionen Euro - sonst droht die Insolvenz. Vorstandschef Kay Hafner warb am Mittwoch bei den Aktionären eindringlich um Zustimmung für sein Rettungspaket.

"Es geht um die Zukunft, oder noch konkreter: Es geht ums Überleben", sagte Hafner bei der Hauptversammlung in Hamburg. Über das Konzept sollte noch am Mittwoch abgestimmt werden. Viele Anteilseigner reagierten mit heftiger Gegenwehr und verlangten den Rücktritt von Aufsichtsrat und Vorstand. Mehrere Aktionäre sprachen von Erpressung, allen voran die Vertreterin der beiden Großaktionäre, Isabella de Krassny.

Praktiker-Finanzvorstand Markus Schürholz verschärfte das Droh-Szenario vor den Aktionären: Lehnten sie den geplanten Sanierungskurs ab, sehe er keine Alternative, sagte Schürholz. "Praktiker wäre in diesem Fall unmittelbar von der Insolvenz bedroht. Der Wert der Aktie würde wohl gegen Null sinken." Der Kurs des SDAX-Unternehmens brach am Mittwoch um mehr als 9,0 Prozent ein.

"Wir lassen uns nicht erpressen", sagte die österreichische Fondsmanagerin Isabella de Krassny. "Es ist grob fahrlässig, dass wir seit einem Jahr keinen Vorstand haben, der etwas vom Geschäft versteht." Praktiker hatte 2011 eine halbe Milliarde Euro Verlust geschrieben. Die Managerin vertritt den zypriotischen Finanzfonds Maseltov (10 Prozent Anteil) sowie die österreichische Privatbank Semper Constantia mit rund 5,0 Prozent Anteil.

Bei der Hauptversammlung waren 26,9 Prozent des Grundkapitals vertreten. "Angesichts dieser geringen Präsenz haben wir großen Einfluss", sagte de Krassny. "Wir verlangen zumindest den Rücktritt des Kontrollgremiums." Den Abtritt der kompletten Führungs- und Kontrollgremien verlangte auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. "Sie können es nicht", polterte SdK-Vorstandsmitglied Markus Neumann. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz warf der Führung Missmanagement vor. "Sie haben das Unternehmen an den Rand des Ruins gebracht, und gewiss nicht die Aktionäre", sagte DSW-Vertreter Dirk Unrau.

Vorstandschef Hafner plant, 120 der 234 Praktiker-Märkte auf die angesehenere Schwestermarke Max Bahr umzuflaggen. Max Bahr (aktuell 78 Filialen) solle zur "Hauptvertriebslinie in Deutschland" weiterentwickelt werden, erklärte Hafner. Auch die Marke Praktiker solle - mit der Strategie "Weg vom Preisaktionismus" hin zum "dauerhaft niedrigen Regalpreis" - zukunftsfähig werden. Sie ist wegen einer verfehlten Rabattstrategie mit Slogans wie "20 Prozent auf alles - außer Tiernahrung" ins Straucheln geraten.

Fondsmanagerin de Krassny stellte einen Gegenentwurf zum Sanierungskonzept vor. Die von ihr vertretenen Großaktionäre wollten das Unternehmen als Ganzes voranbringen - mit ihrem Management und Kapital. Belastbare 55 Millionen Euro hätte sie zur Verfügung, die weiteren 30 Millionen ließen sich auch noch aufbringen, sagte de Krassny. Der US-Fonds Anchorage Capital Europe will 85 Millionen Euro als Darlehen bereitstellen, aber nur nach einer Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro. Außerdem könnte er Zugriff auf die Perle des Konzerns bekommen, die höherpreisige Baumarktkette Max Bahr.

In die Finanzierung der Sanierung hat der Vorstand auch 70 Millionen Euro eingerechnet, die aus Veräußerungen sowie einer Kreditlinie über 40 Millionen Euro kommen sollen. Spätestens 2014 will Hafner mit der Zwei-Marken-Strategie wieder schwarze Zahlen schreiben.

Aktuell hat Praktiker rund 7700 Arbeitsplätze, Max Bahr knapp 2900. Rund 8300 kommen im Ausland hinzu, wo 111 Filialen ebenfalls auf den Prüfstand kommen. Derzeit verlegt das Unternehmen seinen Firmensitz von Kirkel im Saarland nach Hamburg. Dieser Umzug soll im September abgeschlossen sein.

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