Politik mit Spaßfaktor
Arno Makowsky: Der AZ-Chefredakteur über die Präsidentenwahl als Medienereignis
Eigentlich gehört die Wahl des Bundespräsidenten ja zum Langweiligsten, was der ohnehin fade Politikbetrieb zu bieten hat. Die Bürger haben nichts zu sagen, das Amt ist politisch ziemlich bedeutungslos. Und doch war es diesmal richtig aufregend, ja, das Zuschauen machte sogar richtig Spaß. Wie kommt das bloß? Und warum sind solche spannenden Momente in der Demokratie so selten?
Natürlich, es ging nicht nur um den Bundespräsidenten, sondern vor allem um die Frage, welche Folgen diese Wahl für die Bundeskanzlerin und ihre Koalition haben würde. Hätte Gauck gesiegt, wäre das Ende der Schwarz-Gelben besiegelt gewesen. Aber nicht nur diese Konstellation machte die Faszination dieses Wahlabends aus. Das Unterhaltsame war, dass wir Zuschauer etwas spürten von der Aufregung, die alle Beteiligten umtrieb. Die immer finster werdende Miene der Kanzlerin. Der leere Blick Joachim Gaucks. Das Scharmützel zwischen Gregor Gysi und dem Grünen-Abgeordneten Werner Schulz, der den Linken wild gestikulierend vorwarf, eine „historische Chance“ vertan zu haben. All das wirkte authentisch, unmittelbar – so ganz anders als die vorgestanzten Abläufe bei den üblichen Wahlen, mit den immer gleichen Antworten auf die immer gleichen Fragen.
Diesmal dagegen: Public Viewing vor dem Reichstag!Eigentlich unglaublich.Möglich war das, weil ein paar Abgeordnete sich nicht dem Fraktionszwang gebeugt, sondern mit Herz und Verstand gewählt haben. Vielleicht sollten sie das öfter machen. Dann würde Politik wieder spannender.
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