Pleitebank Lehman Brothers ist jetzt eine Atommacht

Nach missglückten Termingeschäften sitzt die insolvente US-Investmentbank auf 227 Tonnen Uran – das ist genug Material, um eine Bombe zu bauen oder einen modernen Kernreaktor ein Jahr lang zu betreiben.
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Zentrale von Lehman Brothers in New York
dpa Zentrale von Lehman Brothers in New York

Nach missglückten Termingeschäften sitzt die insolvente US-Investmentbank auf 227 Tonnen Uran – das ist genug Material, um eine Bombe zu bauen oder einen modernen Kernreaktor ein Jahr lang zu betreiben.

NEW YORK Die US-Investmentbank Lehman Brothers ist zwar pleite, aber dafür eine kleine Atommacht. Was irre klingt, ist bizarre Realität: Die insolventen Banker sitzen nach Medienberichten als Folge missglückter Termingeschäfte auf einem Berg von 227 Tonnen Uran – laut Experten reicht diese Menge des radioaktiven Materials aus, um eine Atombombe zu bauen oder einen modernen Kernreaktor ein Jahr lang zu betreiben. Bei dem „Lehman“-Uran soll es sich um Yellowcake handeln, ein Pulvergemisch mehrerer Uranverbindungen – laut „FAZ“ soll es derzeit an Standorten des kanadischen Bergbaukonzerns Cameco und des französischen Kraftwerksbetreibers Areva lagern.

Eigentlich wollen die Insolvenzverwalter mit dem Verkauf des Uran einen kleinen Teil des Lehman-Schuldenbergs abtragen. Das Dumme ist nur: Auf dem krisengeschüttelten Weltmarkt ist mit Uran derzeit nicht allzu viel zu verdienen. Lehman-Vorstandschef und -Insolvenzverwalter Bryan Marsal: „Wir werden das Material in den nächsten zwei Jahren schrittweise auf den Markt bringen. Wir verkaufen es nicht auf einen Schlag und haben keinen Notverkauf im Sinn.“

Lehman erwarb die Lizenz zum Uranhandel kurz vor der Pleite

Mit dem Verkauf des Urans könnte die mit 200 Milliarden Dollar verschuldete Bank beim aktuellen Preis von 40 Dollar je Pound (0,45 Kilo) Uranoxid derzeit allerdings nur 20 Millionen Dollar erlösen – 70 Prozent weniger als noch vor knapp zwei Jahren. Im Juni 2007 war der Uranpreis auf 138 Dollar pro Pound nach oben geschnellt – und erreichte damit das Zwanzigfache dessen, was in den Jahren zuvor üblich gewesen war. Der Spekulationswahn im Energie- und Rohstoffsektor hatte auch den Uranmarkt erfasst. Aufgrund einer Angebotsschwemme war der Uranpreis im Herbst 2008 dann aber eingebrochen: Viele Hedge-Fonds zogen sich vom Uranmarkt zurück. Analysten gehen zudem davon aus, dass Länder wie China oder Indien ihre Nuklearprojekte angesichts der derzeitigen Uran-Flaute zurückstellen.

Lehman Brothers hatte die Lizenz für den Uranhandel erst im August 2008 erworben – einen Monat vor der Pleite. Normalerweise wird der gefährliche Stoff über Brokerhäuser gehandelt sowie direkt von Bergbauunternehmen an die Betreiber von Kernkraftwerken verkauft.

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