Peinlicher Abschied
MÜNCHEN - Er riskiert das Urteil, er habe das Amt nicht begriffen - Matthias Maus, der AZ-Redakteur über Horst Köhlers Zapfenstreich
Nachtreten – das macht man nicht. Und es fällt schwer, jemandem kritische Worte nachzurufen, der augenscheinlich überfordert war. Wenn aber jemand wie Horst Köhler sich auch noch feiern lässt, das Licht der Öffentlichkeit nochmal so demonstrativ sucht, dann sieht die Sache anders aus.
Horst Köhler nahm sich die Freiheit zu gehen, ohne sich zu erklären. Er klang in seinem Rücktritt beleidigt und bleibt bis jetzt rätselhaft. Was meint er mit „Mangel an Respekt“? Dass man ihn nicht kritisieren darf?Mit seinem Schweigen dazu nimmt er das Urteil in Kauf, er habe sein Amt nicht begriffen. Der Mann, der da im pathetischen Fackelschein des Zapfenstreichs stand, hätte die Gelegenheit nutzen können. Wenn er sich schon groß verabschieden lässt, mit Märschen und Swing, dann hätte er tun können, was er die sechs Jahre zuvor unterließ: sich erklären.
Köhler wird von seinen Verteidigern als ein Einsamer hingestellt, der im politischen Betrieb bis zum Trübsinn litt. Wenn er also erkannt hat, dass der Nichtpolitiker in der Politik nicht zurechtkommt, dann hätte er die Gelegenheit gehabt, sich gesichtswahrend zu verabschieden.
Statt aber nach einer Amtszeit zu gehen und mit einer Abrechnung seine Motive darzulegen, ließ er sich vor gut einem Jahr wiederwählen. Sind all die Verletzungen, die er jetzt beklagen mag, in den letzten zwölf Monaten entstanden?
Kaum zu glauben. Es war ein seltsamer Abschied gestern, und Köhler hätte sich die Peinlichkeit ersparen können – sich und uns.
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