Nutzlose Quälerei
Wirtschaftsredakteurin der AZ Susanne Stephan zur Kranken-Statistik in den Firmen
Am Trend zur gesunden Ernährung oder zum Fitnessstudio wird’s kaum liegen, wenn sich die deutsche Beschäftigten immer seltener krank melden.Wer heute damit rechnen muss, dass sein Arbeitsplatz morgen wegfällt, wird seinem Chef kaum Angriffsflächen bieten wollen, und er wird sich’s zweimal überlegen, bevor er sich krank meldet. Das muss nicht nur schlecht sein: Zart besaitete Naturen, die jedes kleine Wehwehchen zum Anlass nehmen, sich tagelang aus dem produktiven Leben auszuschalten, sind nicht nur für ihre Arbeitgeber, sondern auch für die Kollegen eine Zumutung. Zudem bringen Drückeberger alle Menschen in Misskredit, deren Gesundheit tatsächlich angeschlagen ist und die deswegen zu Hause bleiben müssen.
Besorgniserregend ist es aber, wenn sich immer mehr Menschen trotz ernsthafter medizinischer Probleme in die Arbeit schleppen. Unsere Wirtschaft kann sich einen fahrlässigen Umgang mit der Ressource Mensch nicht leisten, zumal aufwändige Folgebehandlungen verschleppter Krankheiten die Sozialsysteme belasten.
Auch ist nicht gesagt, dass die Rentabilität von Unternehmen im Gleichschritt mit der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden steigt. Ein Beispiel dafür sind die USA, wo die Beschäftigten deutlich länger arbeiten als in Deutschland, ohne dass dies den Firmen automatisch einenWettbewerbsvorteil gegenüber dem Ausland verschaffen würde. Berüchtigt waren immer die langen Arbeitstage der US-Investmentbanker – profitabel mag deren Jobs heute kaum noch jemand nennen.
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