Nur ein Datum
"Längst ist die Finanzkrise für Obama wichtiger als der Irak": AZ-Chefreporter Matthias Maus über die Irak-Abzugspläne des US-Präsidenten.
Freunde zu enttäuschen ist nicht schön, aber es gehört zum Geschäft von Politikern – auch bei Barack Obama. Zu spät, zu wenig, so das Echo von der Basis auf die Ansage, bis August 2010 Truppen aus dem Irak abzuziehen. Nicht alle GI will Obama heimholen – und drei Monate später als versprochen auch noch. Für viele Demokraten in den USA und etliche Fans weltweit ist das ein Teil der Demontage eines Hoffnungsträgers. Schon mit seiner zögerlichen Haltung zur Guantánamo-Schließung hat der Präsident Anhänger verstört. Und doch gehört das zu Obamas geringeren Sorgen.
Im gleichen Maße, in dem er als schneller Problemlöser im Nahen Osten entzaubert wird, in dem Maße wachsen die weltweiten Erwartungen in seine Rolle in der Wirtschafts- und Finanzkrise. Und dabei steht nicht nur das Wohl einer Region, sondern der ganzen Welt auf dem Spiel.
Wenn ein Präsident sein Land mit der sagenhaften Summe von 1500 Milliarden Dollar verschulden will, dann ähnelt er einem Häuslebauer, der im Kasino alles auf rot setzt. Und trotzdem gibt es, abgesehen von ein paar verbohrten Neoliberalen keinen, der ihm ernsthaft widersprechen würde. Zu dramatisch wären die Folgen, würde er das Finanz- undWirtschaftssystem durch seine Untätigkeit in den Graben rauschen lassen.
Dagegen ist das Risiko im Irak überschaubar. Jetzt gibt es ein Datum, auf das er sich festgelegt hat. Und Obama kann nur schwach hoffen, dass er sich über den Truppenabzug freuen kann, weil es dann nichts Wichtigeres gibt.