Na sdrowje! Russen wollen Infineon
Mischkonzern Sistema bekundet Interesse an dem angeschlagenen Chip-Hersteller. „Für uns ist Infineon ein sehr interessantes Ziel – vor allem der Bereich Forschung und Entwicklung“, so Sistema-Chef Alexander Gontscharuk im „Handelsblatt“. Nun hängt es davon ab, wie der Machtkampf an der Infineon-Spitze ausgeht.
MÜNCHEN Eine Münchner Firma bald in russischer Hand? Der Mischkonzern Sistema hat offen Interesse an dem stark angeschlagenen Chiphersteller Infineon bekundet. Nun hängt es davon ab, wie der Machtkampf an der Infineon-Spitze ausgeht. Pikantes Detail: Sistema wird von Ex-Telekom-Chef Ron Sommer beraten.
„Für uns ist Infineon ein sehr interessantes Ziel – vor allem der Bereich Forschung und Entwicklung“, so Sistema-Chef Alexander Gontscharuk im „Handelsblatt“. Komplett übernehmen will er die Firma nicht – wegen der Lohnkosten-Nachteile in Westeuropa, sagt Gontscharuk. Und weil er „politische Hindernisse“ erwarte, die ehemalige Siemens-Tochter sei ein „Flagschiff der deutschen Industrie“. Der Sistema-Chef weiß, wovon er spricht: 2006 hatte er vergeblich versucht, bei der Telekom einzusteigen.
Nun versucht er es wieder – mit mehr Aussichten auf Erfolg. Infineon befindet sich in einer schwierigen Lage, allein im ersten Quartal dieses Jahres wurde ein Verlust von 1,37 Milliarden Euro angehäuft. Für die Sorgen-Tochter Qimonda, die für die roten Zahlen maßgeblich verantwortlich ist, wird dringend ein Käufer gesucht. Erst gestern gab Qimonda bekannt, dass am Standort Dresden weitere 600 Stellen gestrichen werden.
Reibereien zwischen Kley und Ziebart
Dazu kommen die Reibereien zwischen Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley und Vorstandschef Wolfgang Ziebart. Wie es heißt, will Kley Ziebart schon länger loswerden. Nun könnte Tempo in die Sache kommen: In den kommenden Tagen soll es ein Krisengespräch zwischen den beiden geben. Es gelte als ausgemacht, dass Ziebart danach seinen Posten räumen muss, heißt es.
Und Kley ist schon länger derjenige, der Geld und Partner von außen holen will. Zuletzt kursierten Gerüchte über eine Fusion mit dem niederländischen Konkurrenten NXP. Gerüchten zufolge soll der Aufsichtsrat Kontakt mit Gontscharuk aufgenommen haben. Der russische Konzernchef dazu: „Wir sind nicht aktiv, wir beobachten, wie sich die Situation bei Infineon entwickelt.“
Sistema ist kein kleiner Fisch. Ganz im Gegenteil
Sistema ist der größte Mischkonzern in den Ländern der früheren Sowjetunion. Anders als viele andere russische Großfirmen verdient er sein Geld nicht mit Rohstoffen, sondern mit Hightech, vor allem Telekommunikation. Mehrheitsaktionär ist Wladimir Jewtuschenko, politisch gut verdrahtet und einer der reichsten Russen. Unterstützt vom neuen Präsidenten Dmitri Medwedew will er nach Westeuropa expandieren.
Ob er bei Infineon zum Zug kommt, wird sich zeigen. Analyst Björn Wolber von „Independent Research“: „Das wird sicher nicht der letzte Partner sein, der im Gespräch ist. Da werden jetzt wöchentlich neue genannt.“ Die Börse reagierte positiv: Infineon verzeichnete leichte Gewinne.
tan
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