Mittlerin Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel als Friedensstifterin im Kaukasus? Ihre Aussichten sind nicht sonderlich gut – aber noch die besten. Anja Timmermann über den Kaukasus-Gipfel und die Schlüsselrolle der Kanzlerin
Die deutsche Kanzlerin als Friedensstifterin im Kaukasus? Ihre Aussichten sind nicht sonderlich gut – aber noch die besten. Eher zufällig ist ihr die Rolle zugewachsen, dank des lange geplanten Sommer- Plausch-Termins mit dem neuen russischen Präsidenten, der unversehens zum Kriegsgipfel wurde. Aber sie hat zugepackt und für morgen auch gleich den nächsten Termin mit seinem georgischen Kollegen ausgemacht.
Die USA fallen als Vermittler weitgehend aus: Zu deutlich sind sie Partei in diesem Konflikt, zu eisig die Beziehungen zu Moskau, gerade gestern noch weiter runtergekühlt wegen des Raketenschirms – und zu desinteressiert der amtsmüde US-Präsident, der gestern seinen heiligen mehrwöchigen Farm-Urlaub antrat. Auch die EU als Ganzes tut sich schwer, zu uneinig ist sie schon in der Bewertung des Konflikts. Am effektivsten ist noch EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy, von dem der Friedensplan stammt – und mit dem Merkel in diesen Dingen eine enge Achse bildet. Ihr Auftritt gestern in Sotschi entsprach ganz ihrem üblichen Stil bei internationalen Auftritten: unaufgeregt im Ton, klar in der Sache. Schuldzuweisungen hat sie bewusst gleichmäßig auf Russland und Georgien verteilt, ohne den neben ihr stehenden Medwedew in der Öffentlichkeit zu schonen. Auch das qualifiziert sie als halbwegs glaubhafte Maklerin. In der Heimat kann sie manchmal nerven mit ihrer Art, sich bloß nie festzulegen, sondern immer schön die Moderatorin zu spielen. Auf derWeltbühne kann das durchaus erfolgreich sein.
