Milch-Industrie contra Bauern
Keine Hilfe für Betriebe in Not: Der deutsche Bauernverband fällt den Milchviehaltern in den Rücken, klagt Romuald Schaber
Seit Monaten demonstrieren Sie für höhere Milchpreise, haben sogar schon aus Protest Milch mit Güllewägen ausbringen lassen. Was hat’s gebracht? Wieviel verdienen die Bauern zurzeit?
ROMUALD SCHABER: Für einen Liter Milch mit 3,7 Prozent Fett gibt es 25 Cent. Der Preis wird bis Weihnachten vielleicht bestenfalls auf 30 Cent steigen, aber im Frühjahr wieder fallen. Auskömmlich ist das nicht. Die meisten Milchbauern kämpfen ums nackte Überleben, müssen privates Kapital zuschießen und können keine Maschinen kaufen. Es gibt zwar Überbrückungskredite vom Staat, die 2010 tilgungsfrei sind, aber in den drei Jahren danach müssen sie zurückgezahlt werden. Das wird viele Bauern in Schwierigkeiten bringen.
Seit Jahren bröckeln die Milchpreise und ein Ende des Trends ist nicht abzusehen. In Brüssel gibt es keine Mehrheit für eine Begrenzung der Produktion über 2015 hinaus. Wäre es nicht ehrlicher, den Bauern zu raten, dass ein Großteil aufhören sollte?
Es haben in den letzten 15 Jahren ja schon zwei Drittel aufgehört, ohne dass für den Rest etwas besser geworden wäre! Die anderen Bauern haben die Milchkontingente übernommen – aber wegen des sinkenden Milchpreises ist ihre Situation trotzdem immer schlechter geworden.
Warum, denken Sie, stellt sich dann der Bauernverband nicht hinter Ihre Forderung, die Produktion auf Dauer zu begrenzen?
In den großen Molkereien wie Humana Milchunion oder Nordmilch sitzen überall Vertreter des Bauernverbandes. Diese industriellen Molkereien drängen in den Export und sehen den Bauern nur als kleinen Lieferanten in der Verwertungskette. Wir wollen dagegen dezentrale bäuerliche Strukturen.
In anderen Bereichen der Wirtschaft sind Kartelle – und etwas anderes sind Absprachen über Produktionsmengen ja nicht – verboten. Wie wollen Sie eine Ausnahme für Milch begründen?
Es geht um Nahrungsmittel, und ein Preiskampf schadet der Qualität. Deshalb gibt es für die Landwirtschaft bereits Ausnahmen vom Kartellverbot. Unsere Umfragen zeigen außerdem, dass ein Großteil der Verbraucher bereit ist, etwas mehr für die Milch zu bezahlen, wenn dadurch das Überleben der Bauern gesichert wird. Int: sun
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