Mehr Schutz am Schalter

Seit 1. Januar müssen Bankberater den Kunden ein Protokoll über ihr Gespräch zur Geldanlage aushändigen. Das soll die Verbraucher vor Falschberatung schützen. Ob es klappt, ist fraglich.
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Seit 1. Januar müssen Bankberater den Kunden ein Protokoll über ihr Gespräch zur Geldanlage aushändigen. Das soll die Verbraucher vor Falschberatung schützen. Ob es klappt, ist fraglich.

Der Begriff ist eines der Unworte des vergangenen Jahres: Als „AD-Kunden“, berichten Verbraucherschützer, bezeichnen Bankberater gelegentlich diejenigen ihrer älteren Kunden, denen man leicht ein hauseigenes Anlageprodukt aufschwatzen kann. „AD“ – das steht im Banken-Jargon für „alt und doof“.

Dabei sind es längst nicht nur Senioren, denen Bankberater und Finanzvermittler Anlageverträge untergejubelt haben, die an den Bedürfnissen der Kunden oft komplett vorbeigehen. So fielen tausende Anleger in der Finanzkrise mit Zertifikaten der Pleitebank Lehman Brothers auf die Nase. Berater ihrer Hausbank hatten ihnen die Papiere meist als „sichere Geldanlage“ verkauft.

Immerhin: Seit dem 1. Januar haben es die Anlagevermittler schwerer. Sie müssen den Kunden vor Abschluss eines Vertrages ein umfangreiches Protokoll des vorangegangenen Beratungsgesprächs mit allen wichtigen Details aushändigen. Ist das Protokoll unvollständig, drohen ihnen bis zu 50000 Euro Buße. Die wichtigsten Fakten zum neuen Beratungsprotokoll:

Der Sinn. Das Protokoll fasst das Beratungsgespräch zusammen. So soll es Anlegern bei der Entscheidungsfindung helfen. Außerdem soll es die Kunden vor Falschberatung schützen. „Verbraucher sollen sich vor Gericht auf das Protokoll berufen können“, heißt es bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Bankkunden haben dabei jetzt zehn Jahre Zeit, um Schadenersatz zu fordern. Bisher waren es nur drei Jahre. Vorgeschrieben ist das Protokoll aber lediglich für Gespräche, in denen es um Wertpapiere geht. Beratungen über Tagesgeldkonten oder Festgelder muss die Bank nicht protokollieren.

Der Inhalt. Das muss im Protokoll drinstehen:

Der Anlass der Beratung und auf wessen Initiative das Gespräch zustande kam.

Die Dauer des Gesprächs. Sie ist ein Hinweis auf die Qualität der Beratung.

Die persönlichen Verhältnisse des Kunden. Dazu zählen seine Erfahrungen mit Wertpapieren und seine finanziellen Verhältnisse.

Die Anlagen und Dienstleistungen, über die Kunde und Berater gesprochen haben.

Die Anlageziele des Kunden und deren Gewichtung.

Die Empfehlungen des Beraters samt Begründung.

Das Aussehen. Ein einheitliches Formular gibt es nicht. Jede Bank gestaltet ihr Protokoll selbst. Unterschreiben muss es der Berater – nicht der Verbraucher. Vorsicht ist geboten, wenn die Bank auf der Unterschrift des Kunden besteht. In einer Auseinandersetzung wegen Falschberatung kann die Bank das so deuten, als hätte der Kunde den Inhalt des Protokolls bereits anerkannt.

Der Rücktritt. Ein Großteil der Anlageberatungen findet telefonisch statt. Für sie gilt jetzt: Dem Kunden muss das Protokoll umgehend per Post zugesandt werden. Hat er schon am Telefon dem Geschäftsabschluss zugestimmt, kann er eine Woche lang vom Vertrag zurücktreten. Aber nur dann, wenn etwas im Protokoll falsch ist oder etwas fehlt.

Die Tücken. Verbraucherschützer befürchten: Einige Berater könnten die Protokollpflicht umgehen. Das geht, indem sie den Kundenkontakt als Vermittlungs- und nicht als Beratungsgespräch verbuchen. Bei einer Vermittlung muss der Berater nicht sicherstellen, dass das Produkt auch zum Kunden passt. Unterschreibe ein Kunde, „dass er auf ,eigenen Wunsch’ ein Produkt erwerben will, ist die Bank als Vermittlerin aus der Protokollpflicht entlassen“, sagt Hermann-Josef Tenhagen von „Finanztest“. Er rät Kunden deshalb, „genau aufzupassen, was sie unterschreiben“.

Susanne Stephan und Andreas Jalsovec

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