Mehr Menschen überlastet: Mieten steigen, Wohnungen fehlen
Wohnen in Deutschland wird für immer mehr Menschen zur existenziellen Herausforderung. Wohn- und Mietkosten belasteten zunehmend auch Bürgerinnen und Bürger mit mittleren Einkommen, heißt es in einem aktuellen Bericht des Deutschen Mieterbunds auf Basis von Umfragen und öffentlichen Statistiken. "Verdrängung und Platzmangel treffen längst nicht mehr nur die Schwächsten", sagte Verbandspräsidentin Melanie Weber-Moritz. "Auch die Mittelschicht gerät zunehmend unter Druck."
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wohnt zur Miete
In Deutschland wohnen demnach inzwischen mehr als die Hälfte der Menschen zur Miete, Tendenz steigend, wie Weber-Moritz betont. Insbesondere in niedrigeren Einkommensgruppen steigt die Quote derjenigen, die in Mietverhältnissen leben. Am weitesten verbreitet ist diese Wohnform dem Mieterbund zufolge bei Alleinerziehenden (fast 77 Prozent), Alleinstehenden (74,4 Prozent) oder Menschen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit (80,7 Prozent).
Steigende Mieten führen dazu, dass diese Menschen zunehmend von den Wohnkosten überlastet sind, diese also mehr als 30 Prozent des verfügbaren Einkommens ausmachen. Bei von Armut betroffenen Menschen war das im vergangenen Jahr bei 37,5 Prozent der Befragten der Fall, heißt es in dem Bericht.
7 Prozent der nicht armen Menschen überlastet
Aber auch bei nicht armen Menschen, deren Einkommen mindestens 60 Prozent des bundesweiten Medians ausmacht, habe sich die Quote der von Wohnkosten Überlasteten seit 2020 auf rund 7 Prozent mehr als verdoppelt. "Auch Haushalte mit mittleren Einkommen geraten in Zahlungsrückstände", sagte Weber-Moritz.
Über alle Einkommensgruppen hinweg gaben der Analyse zufolge bundesweit gut 12 Prozent der Bevölkerung mehr als 40 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen aus. Ab dieser Quote gelten Haushalte als extrem überlastet. Bei den Mieterinnen und Mietern betraf das dem Mieterbund zufolge mehr als 13 Prozent. Besonders Familien mit Kindern seien von steigenden Mietquoten betroffen.
Beengte Wohnverhältnisse nehmen zu
Hinzu komme, dass gerade diese Gruppen immer häufiger in beengten Wohnverhältnissen lebten. Das sei bei mehr als elf Prozent der Bevölkerung der Fall, heiß es. Bei Armutsbetroffenen sei es demnach mehr als jeder Vierte, bei Familien mit mindestens drei Kindern sogar nahezu jede Dritte. Umgekehrt hätten vor allem Menschen mit höheren Einkommen deutlich mehr Platz als sie bräuchten.
Bei der Umfrage des Mieterbunds gaben fast ein Drittel der Befragten an, gerne umziehen zu wollen, jedoch keinen passenden oder bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der Eigentümerverband Haus und Grund führt das vor allem auf hohe Mieten bei Neuvermietung zurück. "Während im Jahr 2015 Familien mit Kindern nach einem Umzug im Durchschnitt 17,9 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete aufwanden, waren es 10 Jahre später 19,4 Prozent", heißt es in einer eigenen Untersuchung des Verbands zur Bezahlbarkeit von Mieten, über die zuvor das "Handelsblatt" berichtet hatte.
Bei Alleinlebenden nahm der Anteil am Einkommen im Zuge eines Umzugs im selben Zeitraum um 2 Prozentpunkte auf 26,3 Prozent zu. Diese Entwicklung verstärke den sogenannten "Lock-in-Effekt", schreibt Haus und Grund: Wer eine Wohnung hat, gibt diese nach Möglichkeit nicht wieder her. Zwar betonte der Eigentümerverband, dass die durchschnittliche Mietbelastung in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren weitgehend stabil geblieben sei.
Mieterbund: Der Markt kann die Krise nicht lösen
Gleichzeitig räumt der Verband aber ein, dass in städtischen Regionen durchaus eine extreme Überlastung durch Wohnkosten vorliegen kann, diese also 40 Prozent des Einkommens überschreiten.
"Der Markt allein kann und wird diese Krise nicht lösen", sagte Weber-Moritz vom Mieterbund. Man brauche mehr und dauerhaften sozialen Wohnraum und eine konsequent am Gemeinwohl ausgerichtete Wohnungspolitik des Bundes. Es brauche zudem eine Begrenzung von Nebenkosten und eine faire Verteilung von Klimaschutzkosten im Gebäudesektor.
Mietbegrenzungen bei Neubauten lehne der Mieterbund hingegen ab, weil das dazu führe, dass Investoren nicht mehr in den Neubau investierten. Allerdings sprach sich Weber-Moritz dafür aus, das Neubaudatum anzuheben. Bisher gälten noch Bauten aus dem Jahr 2015 als Neubau und fielen damit nicht unter Mietpreisregulierungen. "Ein aktuelleres Datum wäre sinnvoll", hieß es.
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