Mehr als Kitsch
Das Gute siegt über die Konvention – das rührt an: Katharina Rieger, Vize-Ressortleiterin Lokales, über die Hochzeit in Schweden
Ein verregneter Samstagnachmittag, eine kuschlige Decke und im Fernsehen läuft die schwedische Märchenhochzeit: ein Traum. Millionen Fernsehzuschauer sind zerflossen angesichts der Art und Weise, wie hier völlig ungeniert Liebe und Treue als höchste Güter zelebriert wurden.
Dazu funkeln Brillanten und rascheln die Roben. Das Seltsame am Zauber der großen Victoria-&-Daniel-Sause ist, dass er auch Männer zum Weinen gebracht hat. Warum rührt uns ein derart altmodisches Event so an? Ist es mehr als Kitsch? Aber ja!
Es ist eine große, klassische Geschichte: Volksnahe Prinzessin kämpft um ihre bürgerliche Liebe – der Vater willigt schließlich ein, auch er ist mit einer Bürgerlichen glücklich geworden. So siegt das Gute über die Konvention, selbstvergessen küssen sich die zwei Turteltäubchen – und vor dem Altar kullern die Tränen.
Das ist kitschig, aber es wirkt so authentisch, dass man sich nur schwer entziehen kann. Jeder träumt von der lebenslangen, tiefen Liebe und deshalb rührt es so an, dass es ausgerechnet zwei, die im gleißenden Licht der Öffentlichkeit stehen, schaffen wollen.
Das schönste für die deutschen Zuschauer: Diese natürliche, selbstbewusste Victoria ist eine der ihren. Mutter Silvia ist eine Deutsche, die sich souverän und würdevoll auf dem Parkett des Hochadels bewegt. Das kitzelt die Sehnsucht der Deutschen nach eigenen Adels-Darstellern: eine moderne Sisi in Nymphenburg, ein eleganter Kini-Enkel. . . obwohl, das wär’ dann doch zu viel des Kitsch. Gut, dass es die Schweden gibt.
- Themen: