Leistung zählt
Wüssten Sie gern, wer hier schreibt? Ein Mann oder eine Frau? Alt oder Jung? Vielleicht mit Migrationshintergrund? Und: Würde es Ihre Sicht auf den Text verändern? Den Personalern im Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbungen“ ging es jedenfalls so: Plötzlich hatten sie nur die reine Qualifikation auf dem Tisch, was jemand kann, was er gelernt hat, wie motiviert er ist. Sie wussten nicht, ob er Özlem Türk heißt, 59 ist oder eine Frau im gebärfähigen Alter – die Hauptmomente für eine bewusste oder, mindestens so häufig, unbewusste Diskriminierung.
Und siehe da: Besonders junge Frauen um die 30 haben davon profitiert – und zwar vor allem bei Führungspositionen. Das heißt im Umkehrschluss: Besonders die Bewerbungen von Frauen, wie bestens qualifiziert auch immer, werden sonst oft von Anfang an aussortiert. Sie könnten ja schwanger werden, dann gehen sie in Elternzeit, später wollen sie womöglich am späten Abend oder am Wochenende nicht mehr arbeiten. Also zieht man sie erst gar nicht in Betracht.
Das ist erstens eine irrwitzige Verschwendung von Arbeitskraft in einer Gesellschaft mit Fachkräftemangel (und das gilt genauso für Ältere oder Migranten). Und zweitens auch ein Argument in der Quoten-Debatte: Dringender als diese wäre die Beseitigung der tatsächlichen Hindernisse. Zum Beispiel eben bei der Bewerbung, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung, zum Beispiel bei den Arbeitszeiten: Leistung höher zu bewerten als Präsenz zu Uhrzeiten.