Leises Unbehagen
Der schmale Grat zwischen selbstbewusst und dreist - Anja Timmermann, Redakteure der AZ, über Horst Seehofers Krisenmanagement.
Der vielschichtige Herr Seehofer. Sechs Wochen ist er nun im Amt; und er hatte dabei einige bemerkenswerte Auftritte. Bei vielen hat er sich Respekt erworben: Nach einer neuen Umfrage finden ihn 82 Prozent der CSU-Anhänger gut, aber sogar noch eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Grünen- und FDP-Wähler. Und doch: In die Anerkennung für seine Aktionen mischt sich immer auch leises Unbehagen.
Zum Beispiel seine brutalstmögliche Aufklärung in der Landesbank und den Bruch mit der alten CSU. Ja, Aufklärung tut dringend not. Aber als er sich noch nicht selbst damit profilieren konnte, hat er der Regierung Beckstein dringend von einem solchen Bruch abgeraten.
Zum Beispiel seine Angriffe auf Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Steuerpolitik. Ja, Steuersenkungen sind beliebt (deswegen sagt er es ja so laut). Ob sie als Waffe gegen die Krise taugen, da streiten die Experten – und sie geben eben nicht, wie von ihm so gefühlt, sämtlich Seehofer recht.
Aber dass ausgerechnet der Ministerpräsident des Bundeslandes, dessen Landesbank in einer so tiefen Krise ist wie keine andere, behauptet, er habe anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel „den ökonomischen Sachverstand“ hinter sich, ist nicht selbstbewusst, sondern unangenehm dreist.
Zum Beispiel die Entschuldigung. Auch das eine Geste, die Respekt abnötigt. Und doch: Emotional kostet es nicht so viel, wenn man sagen kann, waren eh alles meine nicht so klugen Vorgänger. Und finanziell ist es ganz umsonst. Es ist schon immer viel Show dabei. Oft eine gute – aber eben Show.
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