Küchenhilfe wegen drei Semmeln gefeuert
Pfandbons für 1,30 Euro oder Brotaufstrich – bei Bagatellvergehen wird durchgegriffen
HEILBRONN Drei Semmeln wurden der 59 Jahre alten Küchenhilfe in dem Krankenhaus in Künzlau zum Verhängnis: Nach 20 Jahren im Betrieb verlor sie ihren Job. Gestern war der Fall vor Gericht: Dabei akzeptierte sie die Kündigung, weil im Gegenzug die Klinik das Gehalt bis September weiterzahlt und den Diebstahl-Vorwurf fallen lässt. Ihre Stelle aber ist sie los.
Bei dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht in Heilbronn hatte die 59-jährige Beiköchin zunächst erklärt, ein Auslieferungsfahrer habe ihr das Backwerk geschenkt. Das bestritt dieser aber. Schließlich einigte man sich auf den Vergleich. Neben dem Gehalt bis September bekommt die Frau nun auch noch ein „qualifiziertes Zeugnis mit der Bewertung ,gut'“. Bleiben kann sie nicht: „Entweder ich kann einer Arbeitnehmerin vertrauen oder nicht“, sagt Personalchef Willi Kopp.
Harte Strafen für Bagatellverbrechen sind keine Seltenheit. Beschäftigte sollten deswegen immer ihren Chef fragen, bevor sie übrige Lebensmittel oder alte Bürosachen aus dem Betrieb mitnehmen. Stecken sie solche Dinge ohne Erlaubnis ein, droht die fristlose Kündigung, sagt der Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer. Selbst alte Fischreste bleiben Eigentum des Arbeitgebers, solange er sie nicht ausdrücklich verschenkt.
In den letzten Jahren wurde auch wegen kleiner Diebstähle oder Vergehen der Arbeitnehmer immer wieder fristlos gekündigt:
März 2009: Wegen eines geklauten Brotaufstrichs wurden zwei Mitarbeiterinnen in einer Bäckerei in NRW gekündigt.
Februar 2009: Wegen zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro verlor eine Berliner Supermarkt-Kassiererin nach 30 Jahren ihren Job.
Februar 2009: Wegen eines Fehlbetrags von 1,36 Euro in der Kasse wird einer Bäckereiverkäuferin in Friedrichshafen fristlos gekündigt.
Dezember 2008: Ein Abfallunternehmen in Mannheim kündigt einem Mitarbeiter fristlos, weil der Vater von zwei Kindern ein Reisekinderbett aus dem Müll mit nach Hause genommen hat.
Juni 2006: Ein Arbeiter hatte Aluminiumreste aus seinem Betrieb mitgenommen und an ein Recyclingunternehmen verkauft – Kündigung.
Mai 2005: Das Zerreißen von drei Briefen wird einem Postboten zum Verhängnis. Er hatte sein Verhalten mit einem „Blackout“ angesichts privater Probleme begründet. Er wurde fristlos entlassen.
Oktober 1999: Ein Trinkgeld von 20 Mark kostet drei Münchner Müllmänner den Job. Sie hatten Kisten von Obsthändlern ohne Zusatzgebühren auf den Wagen geladen. ff
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