Kommentar: Hoffnung und Furcht
US-Präsident Obama verspricht Demokratie und finanziert Militärs. Vize-Chefredakteur Georg Thanscheidt über den Wandel in der arabischen Welt
Der Wind des Wandels fegt durch den arabischen Raum: Ähnlich wie 1989 in Osteuropa oder in den 90er Jahren in Afrika erstarken in Nordafrika und auf der arabischen Halbinsel demokratische Bewegungen. Tunesiens Ben Ali wurde durch die Jasmin-Revolution vertrieben. Ägyptens Machthaber Mubarak wankt – weitere Regime könnten bald kollabieren. Der Aufstand im Nahen Osten trägt zur Auflösung der bisher gültigen Ordnung in der Region bei. Ein explosiver Prozess – ein Geschehen, das Anlass zu Befürchtungen, aber auch zu Hoffnungen gibt.
Bisher hat die arabische Revolution einen bemerkenswert bürgerlichen Charakter: Junge, gut ausgebildete Menschen begehren gegen Herrscher auf, die ihnen das Recht auf Teilhabe, auf Wohlstand verweigern. Die Protestierer haben verstanden, was US-Präsident Obama ihnen 2009 in Kairo bei seiner Rede über den Dialog mit der islamischen Welt versprochen hat: „Gewählte, friedliche Regierungen, die auf die Interessen ihrer Bürger achten.“ Was sie nicht verstehen: Dass der gleiche Obama Mubaraks Militärs mit mehr als einer Milliarde Dollar im Jahr finanziert.
Diese Doppelmoral könnte gefährlich werden: Denn die Erfahrungen aus Europa und Afrika zeigen, dass die Protagonisten des Umsturzes oft nicht diejenigen sind, die danach die Macht übernehmen. Die Gefahr ist groß, dass diese neuen Machthaber nicht bürgerliche Revolutionäre, sondern das Militär oder die Islamisten sein könnten.
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