Koch fordert Einsparungen: Die Krisenstreichliste
BERLIN - Nach NRW und mitten in der Euro-Krise wagt sich Hessen-Regent Roland Koch aus der Deckung und fordert Einsparungen bei Kitas und Bildung. Wo der Rotstift noch angesetzt werden könnte
Die NRW-Wahl ist vorbei, der Euro steckt in der schwersten Krise seiner Geschichte, Deutschland muss schon wieder mit Milliardenbeträgen einspringen, und allmählich wird Klartext geredet: Jetzt kommt die Zeit des großen Sparens.
Die Steuersenkung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel schon kassiert, und nun wagt sich mit Hessens Ministerpräsident Roland Koch der erste Politiker mit konkreten Streich-Vorschlägen aus der Deckung: Er will vor allem im Bereich Familien- und Bildungspolitik den Rotstift ansetzen. Überprüft werden müsste zum Beispiel die Garantie eines
Koch dafür jetzt massive Kritik: „Wer jetzt meint, bei der Zukunft unserer Gesellschaft den Rotstift ansetzen zu müssen, ignoriert die Botschaft der Wähler vom vergangenen Sonntag“, sagt SPD-Vize Manuela Schwesig. Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) nannte Koch einen „gedanklichen Dinosaurier“.
„Kürzungen bei der Bildung sind der falsche Weg“, sagt auch Konjunkturforscher Kai Carstensen vom ifo-Institut. „Bildungsausgaben sind gut angelegtes Geld.“ Für „komplett bekloppt“ hält Winfried Fuest, Ökonom des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die Vorschläge Kochs. „Kinderbetreuung und Bildung sind Wachstumsfaktoren, das gehört nicht auf Platz eins der Prioritätenliste.“
Seiner Ansicht nach muss zuerst die
Einzige Ausnahme: bei Lebensmitteln und im Gesundheitsbereich. „Wenn man das konsequent macht, könnte man die Mehrwertsteuer im Extremfall sogar um drei Punkte senken.“ Das würde die Binnennachfrage ankurbeln und den Teufelskreis, in dem die Griechen gerade stecken, durchbrechen: Griechenland bräuchte in der Not eigentlich konsumierende Bürger, durch die hohe Mehrwertsteuer halten die aber ihr Geld zusammen.
„Die Devise lautet: Einnahmen erhöhen, Ausgaben kürzen“, sagt Christian Dreger vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Gerade die Ausgabenkürzung könnte weh tun: Das IW zum Beispiel schlägt eine Kürzung um zehn Prozent bei den
An Staatsbedienstete denkt auch ifo-Forscher Carstensen: „An ihnen wird der Kelch kaum vorübergehen, sie werden wohl
Wenn’s ans Kürzen geht, müssen auch die Subventionen dran glauben: DIW-Forscher Dreger schlägt zum Beispiel die Abschaffung der
Für politisch am einfachsten durchsetzbar hält Carstensen aber einen Abbau bei den Subventionen – und zwar dann, wenn überall gleichmäßig gekürzt wird. Auch Fuest rät zur Radikalkur: „Ich würde dem Finanzminister empfehlen, jetzt den Rasenmäher anzusetzen und alle Subventionen pauschal um zehn Prozent zu kürzen. Dann könnte man auf einen Schlag 5,5 Milliarden Euro sparen.“
Wie wichtig das große Sparen ist, zeige das Vorbild Griechenlands, sagt Kai Carstensen: „Die Griechen haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt, jetzt sind sie die Gekniffenen. Hinterher ist der Katzenjammer immer noch viel viel schlimmer.“ A. Zoch
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