Keine Zukunft
Die Kernspaltung spaltet die Gesellschaft. Georg Thanscheidt über die wachsende Zahl von Atomkraft-Befürwortern.
Der bisherige bundesrepublikanische Konsens, die Atomkraft sei gefährlich und damit verzichtbar, wankt. Nach 30 Jahren Anti-AKW-Bewegung und ihrem Triumph, dem Gesetz über den Atom-Ausstieg aus dem Jahre 2002, steigt die Zahl der Kernkraft-Befürworter rapide an. 46 Prozent sagen: Atomkraft, ja bitte. 47 Prozent bleiben dabei: Atomkraft, nein danke. Die Kernspaltung spaltet die Gesellschaft.
Damit könnte die ökologische Linke ihre kulturelle Hegemonie in dieser für sie so wichtigen Frage verlieren. Angesichts steigender Energiepreise und der Klimaschutzdebatte scheint der CO2-neutralere Atomstrom für eine wachsende Zahl von Bürgern die billigere und damit eher zu billigende Alternative zu sein. Aber ist der Austieg aus dem Ausstieg wirklich sinnvoll?
Für den Verbraucher rechnet sich eine längere Laufzeit der Reaktoren auf jeden Fall nicht: 50 Cent pro Monat würde ein Durchschnittshaushalt bei diesem Szenario sparen. Da bringt sogar der Austausch einer 60-Watt-Birne durch eine Energiesparlampe mindestens zehn Cent mehr, also 60 Cent, im Monat.
Auch wenn die Produktion von Atomstrom die Emmission von CO2 reduziert – sie ist so lange keine ökologische Option für die Zukunft, so lange in Deutschland keine Endlagerstätten für abgebrannte Brennstäbe existieren. Alle Versuche, diese einzurichten, sind bisher gescheitert. Nicht alles was technisch machbar ist, ist auch politisch durchsetzbar – das ist der wahre Grund, warum die Atomenergie in Deutschland keine Zukunft hat.
Daran ändern auch Umfrageergebnisse nichts.
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung
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