Keine Privatsache
Doppelmoral passt nicht zu den Werten der CSU von heute - AZ-Chefredakteur Arno Makowsky über Horst Seehofers Privatleben.
Der bayerische Ministerpräsident hat möglicherweise noch immer ein Verhältnis mit jener Frau in Berlin, die seine kleine Tochter großzieht. Man könnte nun sagen: Na und? Ist doch seine Privatsache. Außerdem: Leben wir nicht in aufgeklärten Zeiten, in denen auch ein Spitzenpolitiker nicht den Moralapostel spielen muss?
Natürlich tun wir das, und doch:Was Seehofer macht, ist nicht in Ordnung und schadet seiner Partei. Dabei spielt überhaupt keine Rolle, dass er seiner Ehefrau womöglich untreu geworden ist.Wenn er sich ein neues Privatleben aufbauen möchte, soll er das tun – und diese Entscheidung offensiv vertreten. Sein niedersächsischer Kollege ChristianWulff beispielsweise hat ihm das sehr souverän vorgemacht.
Seehofer hat sich anders entschieden: für seine Frau, für seine Familie (und für den Parteivorsitz).Wenn sich nun herausstellen sollte, dass dieses Bekenntnis nur Fassade war, demonstriert er eine Doppelmoral, die nicht zu einem modernen Politiker passt.
Die Zeiten, in denen die CSU von bierdimpfeligen Ansichten über Ehe und Familie geprägt war, sind längst vorbei. Heute darf auch ein bayerischer Ministerpräsident eine Freundin haben. Aber dazu stehen muss er.