Keine Fluchten
Was wollen eigentlich die Afghanen? Interessiert uns das? AZ-Chefreporter Matthias Maus über Wege aus Afghanistan.
Es ist doch ganz klar. Raus wollen alle, und zwar am besten sofort. Der Krieg in Afghanistan ist über die Maßen unpopulär, niemand will dort bleiben. Und doch ist der Fluchtimpuls unklug. Und schädlich.
Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel sind nicht zu beneiden. Aber es gehört zu ihrer Verantwortung, eine Wunde, die das auslaufende Jahrzehnt geschlagen hat, nicht offen zurückzulassen. Dabei ist es eine Sache, auf die internationale Sicherheit hinzuweisen, auf die Tatsache, dass Afghanistan Brutstätte internationalen Terrors gewesen ist und wieder sein wird, wenn deutsche und andere Truppen abziehen würden. Der Konflikt am Hindukusch, der militärisch nicht zu gewinnen ist, hat noch ganz andere Facetten.
Meist ist dann von der Drogenproduktion die Rede, mit der die Taliban das Gift des Krieges zu uns exportieren.
Seltener, viel zu selten wird etwas anderes erwähnt. Interessiert uns eigentlich gar nicht, was die Afghanen wollen? Die wollen arbeiten, sie wollen Krankenhäuser, sie wollen Schulen – auch für ihre Mädchen. Auch diese Infrastruktur wird von den Soldaten gebaut, bewacht und ermöglicht. Wenn sie abzögen, würde sie von den Taliban plattgemacht und mit ihr die Ansätze einer Zivilisation, die eine Mehrheit auf der ganzen Welt will.
Mehr davon, nicht nur mehr Soldaten, das ist die einzige Chance, die den reichen Staaten bleibt, um aus Afghanistan rauszukommen. Das ist teuer, das dauert, aber die Alternative ist ein Sieg der Taliban. Und den kann, den darf es nicht geben.
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