Insolvenzverwalter - Jäger der verborgenen Schätze
MÜNCHEN - Pleiten haben Konjunktur, und mit ihnen der Berufsstand der Insolvenzverwalter. Aus dem Alltag einer Münchner Insolvenzverwalterin: „Fast jedes Verfahren geht einem nahe“
Ein Holzkästchen, liebevoll mit Blumen bemalt. „Es sah aus, als würden darin Liebesbriefe aufbewahrt“, erinnert sich Barbara Beutler. Aber die Holzbox, die die Insolvenzverwalterin im Büro der Eisenwerke Schröder aufstöberte, erwies sich als Schatztruhe: Beutler fand darin 30000 Mark, nicht genug, um den Betrieb zu retten, aber immerhin ausreichend, um einen Teil der Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen.
Pleiten haben Konjunktur, und mit ihnen der Berufsstand der Insolvenzverwalter. Wie Spürhunde müssen die versierten Anwälte mitunter beiseite geschafftem Geld hinterherforschen – im Interesse der Gläubiger und der eigenen Kanzlei. Ist bei einer Insolvenz nichts zu holen, geht auch der Insolvenzverwalter bis auf eine Mindestgebühr leer aus.
Die Zeit arbeitet gegen den Insolvenzverwalter
Aber bei einer Pleite dreht sich nicht alles ums Geld. „Fast jedes Verfahren geht einem menschlich nahe“, sagt die Münchner Verwalterin Barbara Beutler, die unter anderem die Pleiten der Münchner Alpha-Klinik, des Verlags Oldenbourg-Gruppe und von 25 Beteiligungsfirmen wie Hettlage oder Mondi betreut hat. Beutler erinnert sich etwa an einen Betrieb in den neuen Bundesländern, den sie schließen musste, wissend, dass es weit und breit keinen alternativer Arbeitgeber gab. „Diese Mitteilung rüberzubringen, den Leuten zu sagen, wir bringen das nicht hin, während die Menschen nur da sitzen und nicht mal mehr die Kraft zum Rebellieren haben – das ist uns sehr schwer gefallen“, erinnert sich Beutler.
Steht eine Firma am Rande des Abrunds, arbeitet die Zeit gegen den Verwalter. Der Betrieb erwirtschaftet in der Regel Verluste, am Ende jeden Tages ist weniger Geld auf dem Konto als vorher. Beutler rückt in der Regel zunächst mit vier oder fünf Mitarbeitern im Unternehmen an und verschafft sich einen Überblick darüber, „wie das Unternehmen gestrickt ist und wer ein zuverlässiger Zuarbeiter ist“. Lieferanten und Kunden wollen schnell wissen, wie es weitergeht, genauso die Banken. Die Kreditinstitute sind meist froh, wenn der Verwalter anrückt. „Dann wissen sie wenigstens, dass alles geregelt abläuft“, sagt die Juristin.
Schwierig werden die Verhandlungen oft, wenn Finanzinvestoren Vermögenswerte sichern wollen. Anders als örtliche Geldhäuser, denen in der Regel am Fortbestand eines Betriebes gelegen ist, hinterlassen die Finanzinvestoren oft verbrannte Erde. „Die wissen wenig über die Verhältnisse in Deutschland, haben für ihr Investment oft viel zuviel gezahlt“, berichtet Beutler. „Jetzt wollen sie nur noch so schnell wie möglich ihr Geld zurück – alles andere ist egal.“ sun
- Themen:
- Banken