Insolvenz bei Schlecker: Parole Durchhalten

Die AZ hat Schlecker-Mitarbeiterinnen in München befragt. Wenige sind zuversichtlich. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz glaubt trotz drastischer Einschnitte an die Firma  
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Die AZ hat Schlecker-Mitarbeiterinnen in München befragt. Wenige sind zuversichtlich. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz glaubt trotz drastischer Einschnitte an die Firma

MÜNCHEN - „Wir sind weiter für Sie da“ und „Danke, dass Sie uns in diesen turbulenten Tagen die Treue halten“, steht in schwungvoller Schreibschrift auf den Info-Flyern, die am Donnerstag in den Münchner Schlecker-Filialen für die Kunden ausliegen. „Wir“, das sind laut Signatur „Familie Schlecker und Mitarbeiter“; mit „turbulenten Tagen“ dürfte die Tatsache gemeint sein, dass deutschlandweit bald 2400 Schlecker-Filialen dichtmachen und 11750 Mitarbeiter entlassen werden müssen. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hatte am Mittwoch die Hiobsbotschaft verkündet.

In den Münchner Filialen wollen die Mitarbeiterinnen vor allem in Ruhe gelassen werden: „Ich weiß auch nicht mehr als Sie“, winkt eine Verkäuferin ab, mit „Nicht schon wieder“ reagiert eine andere. Schließlich höre und lese man doch genug in den Medien. Während die Zeitungen voll sind von Schlecker-Berichten, schweigt die Politik.

Viele Schlecker-Mitarbeiter ärgert das: „Ich fühle mich sehr alleingelassen“, beschwerte sich Gesamtbetriebsratschefin Christel Hoffmann. Keinen Anruf, keine E-Mail, gar nichts habe sie seit der Offenbarung Geiwitz’ erhalten. Dabei gehe es „um die Schicksale von tausenden Bundesbürgern“. Eine Transfergesellschaft müsse deshalb bald eine Perspektive geben.

Das will auch Verdi-Chef Frank Bsirske. „Initiativen aus der Politik sollten helfen, Zeit zu gewinnen, zum Beispiel für die Investorensuche“, sagte er. Bernhard Franke von Verdi Baden-Württemberg wiederum schlug zur Rettung eine finanzielle Beteiligung der Mitarbeiter vor: Tarifliche Ansprüche könnten in eine Kapitalbeteiligung umgewandelt werden.

Insolvenzverwalter Geiwitz setzt derweil auf Zweckoptimismus: Eine Sanierung der Drogeriekette halte er für möglich, sagte er im ARD-Morgenmagazin. „Natürlich müssen wir noch mit Arbeitnehmern, Vermietern und Lieferanten verhandeln. Aber wir sind doch alle der Meinung, dass wir die Voraussetzungen geschaffen haben, dass Schlecker diese Zukunft hat.“ Weltweit soll er zu diesem Zweck nach Geldgebern suchen lassen.

„Der Betrieb soll weitergehen“, lautet auch die interne Botschaft des Unternehmens an seine Angestellten: So stand’s in einer Sonderausgabe des internen Mitarbeiter-Blatts „Mittendrin“ geschrieben, die den „Insolvenzantrag Schlecker“ im neuen, freundlich-klaren Corporate Design des Konzerns kommunizierte.

Welche der Schlecker-Filialen geschlossen werden, ist noch nicht bekannt. Nur so viel: Die Auswahl sei schwer gewesen, so Geiwitz. Kein Unternehmen könne jedoch dauerhaft mit Verlusten leben. Wegen der bisher fehlenden Wettbewerbsfähigkeit brauche Schlecker ein anderes Sortiment. „Das wird der Kunde merken, in den nächsten Wochen und Monaten.“

In manchen Filialen, wie in der Münchner Arnulfstraße, merkt er es bereits: Breitere Gänge, hellere Gestaltung und ein Piktogramm-Farbleitsystem sorgen für mehr Übersichtlichkeit. Das soll der „neue Schlecker“ sein, für den im Schaufenster großplakatig geworben wird.

Wenn der zuständige Ulmer Amtsrichter Benjamin Webel Geiwitz’ Sanierungskonzept inklusive Stellenabbau und Filialschließungen und das Gutachten absegnet, wird spätestens am 1. April das Insolvenzverfahren für Schlecker eröffnet.

Eine Münchner Mitarbeiterin ist hoffnungsvoll: „Heute früh habe ich eine SMS von meinem Chef bekommen: München soll fast gar nicht betroffen sein!“ „Es soll wohl weitergehen“, meint auch eine andere Kollegin. „Aber ich darf wohl keine Auskunft geben“, fügt sie hinzu und verweist aufs Kunden-Infoblatt.

„Wir, das sind vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier bei Ihrem Schlecker vor Ort“, heißt es darin. „Wir sind gerne für Sie da.“ Dabei ist klar: „Wir“ – das sind bald nur noch halb so viele. 

 

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