Immobilienfonds: Das Betongold bröckelt
Nach der Auflösung eines offenen Immobilienfonds fürchten Anleger um ihr Erspartes. Schon vor der US-Immobilienkrise zeigten sich aber die Risiken der Fonds. Experten raten zur Vorsicht.
MÜNCHEN Jahrzehntelang ging für die Sparer alles gut. Auch vorsichtige Menschen, die Aktien sorgsam mieden, steckten viel Geld in offene Immobilienfonds, die ihnen von Sparkassen- und Bankberatern meist wärmstens empfohlen wurden. Schon vor der US-Immobilienkrise zeigten sich aber die Risiken der Fonds – jetzt wird ein Fonds aufgelöst, weitere sind geschlossen, und die Anleger kommen nur mit Verlusten an ihr Geld.
Warum waren die Fonds bisher so beliebt? Weil sie in Immobilien, also vermeintlich wertbeständige Anlagen, investierten, und wegen ihrer Steuervorteile begeisterten sich viele Sparer für die Fonds. Auch Bankberater waren angetan: Wegen ihrer hohen Aufgabeauschläge konnten die Fonds den Banken meist satte Provisionen für den Weiterverkauf am Bankschalter zahlen.
Was sind die Probleme der offenen Immobilienfonds? Sie bauen, kaufen und verkaufen Gebäude, oft repräsentative Gewerbetürme in Ballungszentren. Immer deutlicher zeigen sich jetzt die Schwächen dieses Geschäftsmodells: Läuft der Handel mit Immobilien schlecht, kann das Fonds-Management nicht auf andere Branche ausweichen und muss im schlimmsten Fall teure Gebäude mit Verlust losschlagen, um Forderungen von Anlegern begleichen zu können.
Was passiert jetzt mit den Fonds? Der KanAm US-Grundinvest Fonds wird jetzt aufgelöst, das Vermögen bis Ende März 2012 an die Anleger ausgezahlt. Der Fonds war schon seit Ende Oktober 2008 geschlossen, weil er nicht mehr genügend flüssige Mittel hatte. Von Gesetzes wegen muss er jetzt wieder geöffnet werden. Weil offensichtlich befürchtet wurde, dass Anleger massenhaft ihre Gelder abziehen, zog das Management jetzt die Reißleine. Das bedeutet: Alle Immobilien werden verkauft, das Geld an die Anleger ausgezahlt. Zehn der 17 Immobilien in den USA schlug KanAm schon los, die restlichen sollen folgen, unter anderem das FBI-Hauptquartier in der Spielerstadt Las Vegas in Nevada.
Was bedeutet das für die Anleger? Ob Anleger des KanAm US-Grundinvest, die im Lauf der nächsten Monate ausbezahlt werden, Verluste machen, hängt unter anderem davon ab, wann sie eingestiegen sind. Wer von Anfang an mit dabei war, kommt unter anderem wegen Währungsgewinnen mit einem Plus heraus. Bei Anlegern, die später Anteile orderten, sieht es schlechter aus. „Wir hoffen auf eine schwarze Null für jeden“, heißt es bei KanAm.
Zwei weitere Fonds stehen vor einem ähnlichen Dilemma wie KanAm. Der Degi Europa und der Morgan Stanley P2 Value müssen ab Anfang November wieder Anleger auszahlen, nachdem sie zwei Jahre lang geschlossen waren. Sie wollen aber weitermachen. Sechs weitere Immobilienfonds sind ebenfalls dicht – das heißt, die Anleger können im Moment ihre Anteile nicht an die Fondsgesellschaft zurückgeben. Sie können sie allenfalls über die Börse verkaufen, müssen dabei aber Verluste von bis zu 50 Prozent in Kauf nehmen.
Wie reagiert der Gesetzgeber auf die Turbulenzen der Branche? Zurzeit sind eine Reihe von Neuregelungen in der Diskussion. So ist beispielsweise geplant, dass Fonds, die Anteile der Anleger täglich zurücknehmen, ein Mal pro Monat Gutachter über den aktuellen Wert ihrer Immobilien berichten lassen müssen. Der Grund: Zurzeit werden die Immobilien nur ein Mal pro Jahr bewertet. Das bedeutet, dass der aktuelle Anteilspreis den tatsächlichen Wert des Fondsvermögens nur sehr ungefähr wiederspiegelt. Davon können Anleger profitieren – oder sie verlieren Geld, weil sie zuviel für ihre Anteile zahlen.
Auch sieht die Reform eine Mindesthaltedauer für Anleger vor. Das hieße im Extremfall, dass Sparer bis zu viereinhalb Jahre auf ihr Geld warten müssen, heißt es bei der Stiftung Warentest. Die Folge: Die Kundschaft würde verschreckt, die Anteilspreise gingen womöglich nach unten.
Karin Baur von der Stiftung Warentest rät Sparern deswegen, den Anteil von Immobilienfonds im Depot herunterzufahren. Zehn Prozent des Gesamtvermögens seien vertretbar, sagt sie – mehr nicht. sun
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