Im Ausland geblitzt oder falsch geparkt? Bußgeld, Rechte, Strafen, Bagatellgrenzen

Zu schnell gewesen, falsch geparkt: So manche Reise ins Ausland kann ziemlich kostspielig werden. Ein Experte erklärt, wie sich Autofahrer verhalten sollten, wenn der Bußgeldbescheid zuhause eintrifft.
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Die Inntal-Autobahn in Tirol: Wer hier zu schnell unterwegs ist, kommt um das Bußgeld nicht herum - und muss tief in den Geldbeutel greifen.
imago Die Inntal-Autobahn in Tirol: Wer hier zu schnell unterwegs ist, kommt um das Bußgeld nicht herum - und muss tief in den Geldbeutel greifen.

Auf dem Weg in den Süden kennen viele bayerischen Autofahrer die Inntal-Autobahn in Österreich. Dort gilt auf weiten Teilen maximal Tempo 100 – die Tiroler nennen das "Lufthunderter", weil das Land mit der Geschwindigkeits-Beschränkung die Luftqualität verbessern will.

Wer kurz nach der Grenze bei Kufstein Richtung Innsbruck ein bisserl zu sehr aufs Gas drückt, wird deshalb auch nicht für zu schnelles Fahren laut Straßenverkehrsordnung herangezogen, sondern laut Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L). Hier sind die Bußgelder deutlich höher – fährt ein Urlauber etwa 30 Stundenkilometer zu schnell, kann das bis zu 2.180 Euro kosten. Doch gibt das auch Punkte in Flensburg? Und was sind meine Rechte, wenn ich im Ausland geblitzt werde? Die AZ klärt auf:

Müssen deutsche Autofahrer überhaupt ein Bußgeld aus dem Ausland zahlen? "Ja, wenn es sich um einen EU-Staat außer Griechenland handelt und das Bußgeld die Bagatellgrenze von 70 Euro übersteigt", sagt Mathias Voigt, Anwalt für Verkehrsrecht, der AZ. In der Regel gilt für eine Vollstreckungsverfolgung von ausländischen Bußgeldbescheiden eine Bagatellgrenze von 70 Euro. "Ein solches Bußgeld kann nämlich in Deutschland durch das Bundesamt für Justiz (BfJ, d. Red.) vollstreckt werden", sagt Voigt. Gesetzliche Grundlage hierfür ist der EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionenvollstreckung (RBGeld).

Was ist mit Bußgeldern aus Österreich? "Unsere Nachbarn bilden eine Ausnahme", sagt der Rechtsanwalt, der Vorsitzender des Verbands für bürgernahe Verkehrspolitik ist. "Mit Österreich besteht ein Abkommen, welches die Vollstreckung von Bescheiden bereits ab 25 Euro ermöglicht." Die Autofahrer sollten beachten, dass auch eventuell anfallende Verfahrensgebühren, die auf das Bußgeld aufgeschlagen werden, zu berücksichtigen sind.

Was ist mit Bußgeld-Bescheiden aus Nicht-EU-Ländern? "Ein Bußgeld aus einem Nicht-EU-Land sowie aus Griechenland – dort wurde der RBGeld noch nicht umgesetzt – kann offiziell nicht in Deutschland vollstreckt werden", sagt Voigt. Allerdings kann das Bußgeld inklusive angelaufener Mahngebühren gefordert werden, wenn die betroffene Person wieder in das entsprechende Land einreist.

Der Rechtsanwalt für Verkehrsrecht Matthias Voigt ist Chef des Verbands für bürgernahe Verkehrspolitik.

Was passiert, wenn ich ein Bußgeld aus dem Ausland ignoriere? Bei Bußgeldern über 70 Euro, die in einem anderen EU-Staat erhoben wurden, kann laut Experte Voigt in Deutschland ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet werden. "Ignoriert ein Betroffener ein solches Bußgeld, droht im schlimmsten Falle eine Haftstrafe."

Einige Länder wenden die Halterhaftung an. Was bedeutet das? In Deutschland greift in der Regel die Fahrerhaftung. "Das heißt, dass nur der Fahrer, der einen Verstoß begangen hat, auch für diesen die Konsequenzen tragen muss", sagt Anwalt Voigt. In einigen Ländern der EU – beispielsweise in Österreich, Italien, Frankreich und den Niederlanden – wird automatisch der Halter in die Pflicht genommen, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann. Dieses Prinzip nennt sich Halterhaftung.

Gibt’s für Vergehen im Ausland auch Punkte in Flensburg? "Nein. Punkte werden nur dann in das deutsche Fahreignungsregister (FAER) eingetragen, wenn ein Verstoß in Deutschland stattfand", erklärt Voigt. Verstöße im Ausland haben hierbei keinen Einfluss.

Lohnt sich ein Einspruch gegen das Bußgeld im Ausland? Inwiefern solch ein Einspruch gegen eine Strafe aus dem Ausland lohnenswert ist, kann laut Voigt nicht pauschal bewertet werden. "Wichtig ist hierbei vor allem die Begründung", sagt der Rechtsanwalt. "Gerade bei Fällen, in denen die Halterhaftung angewendet wird, sollten Betroffene Einspruch legen." Für eine kompetente Einschätzung sollten sich Betroffene aber an einen Anwalt für Verkehrsrecht wenden.

Ich bekomme ein Fahrverbot in Deutschland aufgebrummt. Darf ich in Österreich fahren? "Wer ein Fahrverbot absitzt, muss den Führerschein in Deutschland in amtliche Verwahrung geben", erklärt Voigt. Ohne gültige Papiere dürfe eine Person natürlich auch nicht im Ausland ein Fahrzeug führen. Je nach Einzelfall und betreffendem Land kann es aber sein, dass ein Fahrer nur mit Sanktionen dafür rechnen muss, dass er die gültigen Papiere nicht mitgeführt hat. In Österreich kann ein Fahrverbot in Deutschland jedoch dazu führen, dass auch dort die Lenkberechtigung entfällt. Werden Personen trotzdem beim Fahren erwischt, droht eine Geldstrafe von 700 Euro.

Und andersrum? Darf jemand in Deutschland fahren, wenn die Österreicher ein Fahrverbot gegen die Person verhängen? "Ein Fahrverbot ist in der Regel nur im betreffenden Land gültig", sagt Voigt. Außerdem darf eine ausländische Behörde einen deutschen Führerschein nicht dauerhaft einziehen. "Hat die betroffene Person den Führerschein zurückbekommen und befindet sie sich wieder in Deutschland, darf sie fahren." In Österreich freilich darf während des Fahrverbotes kein Fahrzeug geführt werden.

Wie sich die Bußgelder staffeln, finden Sie auf der Webseite des Verbands für bürgernahe Verkehrspolitik.

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