Hypo Real Estate: Bundesadler im Anflug
FRANKFURT/MÜNCHEN - Der Bund hat mehr als 47 Prozent der Anteile bei dem Immobilienfinanzierer eingesammelt. Einer Verstaatlichung steht kaum noch was im Wege. Was Aktionäre jetzt tun sollten.
Es ist ein bislang einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik – und der Weg ist so gut wie frei: Der Bund kann den maroden Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) verstaatlichen. Voraussichtlich ohne dabei die Aktionäre enteignen zu müssen.
Mit seinem Übernahmeangebot an die HRE-Anteilseigner hat der staatliche „Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung“ (SofFin) gut 47 Prozent der Anteile an der HRE eingesammelt. Das ist zwar weniger als die angestrebte einfache Aktienmehrheit. Dennoch könnte es reichen, um am Ende die HRE zu 100 Prozent zu verstaatlichen. Die AZ erklärt, wie das funktioniert.
Warum will der Bund 100 Prozent? Die HRE wird mit Kapitalhilfen und Garantien von 102 Milliarden Euro am Leben gehalten. Vom Bund – also letztlich vom Steuerzahler – stammen 87 Milliarden. Um das Geld abzusichern, will der Bund die komplette Kontrolle über das Institut. Finanzminister Peer Steinbrück: „Nur durch vollständige Übernahme können der Fortbestand der HRE gesichert und die Interessen der deutschen Steuerzahler gewahrt werden.“
Wie will der Bund die vollständige Mehrheit erreichen? Auf der Hauptversammlung der HRE am 2. Juni will der Bund mit seinen Stimmen eine Kapitalerhöhung durchsetzen. Das geht, wenn mehr als die Hälfte der dort anwesenden Stimmen für die Erhöhung ist. „Da der Bund fast 50 Prozent hält und nie alle Aktionäre auf der Hauptversammlung anwesend sind, dürfte das klappen“, sagt Lothar Gries von der Schutzgemeinschaft der Kleinanleger (SdK). Bei der Kapitalerhöhung sollen neue Aktien für fast zwei Milliarden Euro ausgegeben werden. Die soll alle der Bund kaufen und sich so eine Mehrheit von 90 Prozent sichern. Allerdings könnte ihm noch der zweite Großaktionär J.C. Flowers einen Strich durch die Rechnung machen. Er prüft eine Klage gegen dieses Vorgehen.
Was passiert mit den restlichen Aktionären? Erreicht der Bund die 90 Prozent, darf er die Rest-Aktionäre aus der HRE drängen. Sie bekommen eine Zwangsabfindung für ihre Aktien.
Was sollten HRE-Aktionäre tun? Wer noch Aktien hält, kann das Zwangsangebot des Bundes abwarten. Die Gefahr dabei ist: Es kann niedriger ausfallen als das erste Übernahmeangebot von 1,39 Euro (siehe Foto oben). Gestern spekulierten Anleger jedoch auf ein höheres Zwangsangebot. Die HRE-Aktie stieg deshalb zeitweilig auf 1,92 Euro. „Möglicherweise ist es daher vorteilhafter, jetzt schon seine Aktien zu verkaufen“, meint Experte Gries.
aja
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