Hochtief schreibt tiefrote Zahlen
Düsseldorf - Die Halbjahresbilanz beim größten deutschen Baukonzern Hochtief ist verheerend ausgefallen. Durch Probleme mit Großprojekten in Australien hat der Konzern im ersten Halbjhr tiefrote Zahlen geschrieben. Unter dem Strich musste das erst vor wenigen Monaten vom spanischen Konkurrenten ACS übernommene Unternehmen einen Verlust von 115,6 Millionen Euro ausweisen.
Der Vergleich zum Vorjahr: 2010 hatte Hochtief noch einen Gewinn von 88,1 Millionen Euro gemacht. Für den neuen Konzernchef Frank Stieler stand die erste Bilanzpräsentation damit unter keinem guten Stern. „Natürlich sind wir mit diesen Ergebniszahlen nicht zufrieden“, sagte er am Mittwoch in Düsseldorf. Aber der Manager sieht schon wieder Licht am Ende des Tunnels.
Die hohen Verluste kamen durch Fehlkalkulationen bei zwei australischen Großprojekten zustande – einer Meerwasserentsalzungsanlage in Melbourne und dem Straßenprojekt Airport Link in Brisbane. Außerdem musste der Konzern hohe Wertberichtigungen bei seiner arabischen Beteiligung Habtoor Leighton Group vornehmen. Insgesamt belastete all das im ersten Halbjahr 2011 das Vorsteuerergebnis mit einem Verlust von 588 Millionen Euro.
Inzwischen scheint das Schlimmste allerdings überstanden. „Wir erwarten keine weiteren Ergebnisbelastungen aus Australien“, sagte Finanzvorstand Burkhard Lohr. Ein neues Risikomanagementsystem bei Leighton, aber auch bei den US-Töchtern Turner und Flatiron soll ähnliche Einbrüche in Zukunft vermeiden helfen.
Wachstum durch Energiewende erwartet
Alle anderen Unternehmensbereiche von Hochtief entwickelten sich Stieler zufolge positiv. Dadurch stiegen die Umsatzerlöse des Baukonzerns zwischen Januar und Juni um knapp neun Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Der Auftragseingang lag mit gut 13 Milliarden Euro sogar ein Prozent über dem Vorjahresniveau, und der Auftragsbestand erhöhte sich um ganze 11,1 Prozent auf fast 47 Milliarden Euro. Damit sei Hochtief rechnerisch für etwa zwei Jahre ausgelastet, so Stieler.
Auch für die Zukunft ist der neue Konzernchef optimistisch. Große Wachstumschancen erwarte er nicht zuletzt von der Energiewende in Deutschland. Beim Bau von Offshore-Windparks, Stromtrassen und Energiespeichern, aber auch beim Rückbau von Kernkraftwerken könne Hochtief von seinen umfangreichen Erfahrungen profitieren. Aber auch die Anpassung der Metropolen an die alternde Gesellschaft und der Aufbau intelligenter Mobilitätskonzepte böten Hochtief große Zukunftschancen, sagte der Manager.
Darüber hinaus will der Konzern seine Aktivitäten in Zukunftsmärkten wie Indien, Kanada und dem Mittleren Osten ausbauen. Für das laufende Jahr erwartet Hochtief noch ein Vorsteuerergebnis in einer Größenordnung von 375 Millionen Euro und einen Konzerngewinn über dem Vorjahreswert von 288 Millionen Euro. Das soll durch den geplanten Verkaufs von Anteilen an der Sparte Concessions erreicht werden. Gleichzeitig bekräftigte Stieler die Ergebnisprognosen für 2011 und 2012.
Sorgen, der neue Großaktionär ACS könnte übermäßigen Einfluss auf das Geschäft von Hochtief nehmen, widersprach Stieler. Hochtief werde auch in Zukunft „ein erfolgreicher, eigenständiger Konzern mit Sitz in Essen bleiben und seine Entscheidungen selbstständig treffen“, sagte der Konzernchef.
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