Hier springt was für Sie raus - Die Energiepreise spielen verrückt
MÜNCHEN - Die Wirtschaftsflaute lässt die energiepreise verrückt spielen. Das Gute daran: Benzin und Gas wird deutlich billiger. Das Schlechte daran: Die Strom-Konzerne weigern sich weiterhin, ihre Preise zu senken. Die AZ zeigt, wie sie profitieren können.
Haben Sie derzeit auch öfter dieses Gefühl? Immer wenn Sie an einer Tankstelle vorbeifahren, denken Sie sich: Hoppla, schon wieder so günstig, der Sprit – schnell nochmal volltanken! Seit Wochen geht es mit den Benzinpreisen nach unten. Schuld daran ist der rasante Verfall des Ölpreises. Wegen der drohenden Rezession der Weltwirtschaft fiel der Preis für ein Barrel Öl (159 Liter) letzte Woche erstmals seit drei Jahren unter 50 Dollar. Autofahrer merken das an der Tankstelle, Heizölkäufer beim Füllen ihrer Tanks. Die kommenden wirtschaftliche Flaute lässt die Energiepreise zum Teil kräftig sinken – und beschert damit den Verbrauchern ihr eigenes kleines Konjunkturprogramm. Allerdings: Nicht überall wird Energie billiger. Beim Gas zum Beispiel warten die meisten Kunden bislang vergeblich auf die Ankündigung ihres Versorgers, dass es endlich billiger wird. Und auch Strom kostet eher mehr als weniger. Wie geht es weiter mit den Energiepreisen? Die AZ hat Experten befragt und daraus Prognosen abgeleitet. Wir sagen Ihnen, ob, wie und wie viel Sie 2009 sparen können.
Benzin: Ein Euro pro Liter in Sicht!
Erst mussten die Autofahrer warten, dann bröckelte der Spritpreis schließlich doch: Trotz sinkender Ölnotierungen versuchten die Mineralölkonzerne lange, Benzin teuer zu halten. Mittlerweile hat der Sprit ein Preisniveau erreicht wie 2005. Und die Autofahrer fragen sich: Wie billig wird es noch? Die Antwort hängt vor allem vom künftigen Ölpreis ab. Und da sind sich Experten zumindest in einem Punkt einig: Teurer wird Rohöl wegen der drohenden wirtschaftlichen Flaute in den kommenden Monaten kaum werden. Bei knapp über 50 US-Dollar liegt der Preis pro Barrel (159 Liter) derzeit. Auf diesem Niveau sieht ihn Klaus Matthies auch 2009. Der Rohstoffexperte beim Hamburger HWWI-Institut sagt: „Die Nachfrage nach Öl lässt wegen der drohenden Rezession zwar deutlich nach. Auf der anderen Seite wollen die erdölexportierenden Länder versuchen, den Preis mit Produktionskürzungen hochzuhalten.“ Bislang allerdings hatte die Opec damit kaum Erfolg. Deswegen glauben einige Fachleute: Der Ölpreis kann durchaus noch auf 40 Dollar sinken. „Ich rechne daher damit, dass es auch mit dem Spritpreis noch weiter runtergeht“, sagt Steffen Bock vom Branchenportal Clever-Tanken.de. Er hält es sogar für möglich, dass die Marke von einem Euro pro Liter erreicht wird: „Es wird spannend, ob wir das schaffen.“ Zuletzt war Sprit Ende 2003 so günstig. Sinkt der Ölpreis tatsächlich nochmal deutlich, dann würde das auch den Heizölpreis drücken. Er liegt derzeit mit 60 Cent pro Liter gut 40 Prozent unter seinem Höchststand vom Juli. Und der Trend gehe weiter nach unten, sagt Josef Weichslberger vom Branchenportal Fastenergy.de. „Die längste Wegstrecke haben wir aber schon zurückgelegt“, glaubt er.
Die AZ-Prognose: Benzin und Diesel werden im Laufe der nächsten Monate noch mal um 5 bis 10 Prozent günstiger. Beim derzeitigen Literpreis von 1,14 Euro heißt das: Wir kommen nahe an die 1-Euro-Marke heran. Bei Heizöl ist die Entwicklung ähnlich. Prognose: 55 Cent pro Liter.
Das sparen Sie: Der Rekordpreis beim Sprit lag im Sommer bei 1,56 Euro. Sinkt der Preis auf 1,05 Euro, spart man bei jeder Tankfüllung (50 Liter) gut 25 Euro. Der Kauf von 1000 Litern Heizöl wird im Vergleich zum Spitzenpreis 2008 (98 Cent pro Liter) um 430 Euro günstiger.
Gas: Billig mit Verspätung
Der Gaspreis ist derzeit eines der größten Ärgernisse für die Verbraucher. Trotz des rasanten Preisverfalls beim Öl haben etliche Versorger zuletzt die Preise erhöht – oder angekündigt, es zu tun. Im Dezember und Januar werden mehr als 70 Gasfirmen bundesweit die Tarif nochmal nach oben nehmen, berichtet das Verbraucherportal Check24. Darunter sind auch die Stadtwerke München. Sie erhöhen im Januar um 14 Prozent. Die Nürnberger N-Ergie langt mit einem Plus von gut 26 Prozent noch stärker zu. Dass sich die Firmen solche Erhöhungen überhaupt erlauben können, liege zum einen am schwachen Wettbewerb auf dem Gasmarkt, meint Holger Krawinkel, Energie-Experte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen: „Gäbe es mehr Konkurrenz, ließe sich das auf dem Markt nicht durchsetzen.“ Der zweite Grund ist die Ölpreisbindung. In den Verträgen, die die Versorger mit ihren Gas-Lieferanten geschlossen haben, ist in der Regel festgelegt: Der Gaspreis passt sich mit einem halben Jahr Verzögerung an den Ölpreis an. Den Rekord beim Öl gab’s im Juni. Das Hoch beim Gas wäre demnach im Januar erreicht. Thorsten Bohg vom Branchendienst Toptarif.de rechnet deshalb damit, dass weitere Versorger im Januar die Tarife erhöhen. Zwingend ist das aber nicht: Mehr als 50 Gasversorger haben für Januar sogar Senkungen angekündigt, drei davon in Bayern. Mit niedrigeren Gaspreisen auf breiter Front rechnen Experten allerdings erst ab Februar. „Dann wird es aber zum Teil drastisch nach unten gehen“, sagt Holger Krawinkel. Er glaubt: Gas wird bis ins dritte Quartal 2009 um ein Viertel billiger.
Die AZ-Prognose:Der Gaspreis sinkt bis in den Spätsommer 2009 um 30 Prozent.
Das sparen Sie: Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 20.000 kWh spart dadurch im Vergleich zum Spitzenpreis mehr als 400 Euro.
Strom: Wechseln statt zahlen
Öl ist schon günstiger. Gas wird es noch. Doch was ist mit der Stromrechnung? Sie steigt. Und das wird sich trotz Wirtschaftsflaute und sinkender Energie-Nachfrage wohl auch auf absehbare Zeit nicht ändern. „Bei Strom ist eine Preissenkung nicht in Sicht“, meint Thorsten Bohg vom Branchenportal Toptarif.de. Dabei wären die Voraussetzungen dafür nicht so schlecht – zumindest was die Preise der Rohstoffe angeht, mit denen Strom erzeugt wird. „Kohle ist schon billiger geworden“, so Holger Krawinkel, Energie-Experte vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Und wenn der Gaspreis ab Frühjahr sinke, müsste eigentlich auch Strom billiger werden. Denn der Spitzenlast-Strom komme aus Gaskraftwerken. Dennoch glaubt auch Krawinkel für 2009 nicht an niedrigere Strompreise. Grund: „Es fehlt bei der Stromerzeugung am Wettbewerb.“ Der Markt für Stromerzeugung wird noch immer von den vier Energieriesen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW beherrscht. Das hält die Einkaufspreise für Strom hoch – und damit auch die Preise, die die Endversorger ihren Kunden berechnen. Kein Wunder, dass für Januar bereits mehr als 300 Versorger bundesweit höhere Preise angekündigt haben – um bis zu 20 Prozent. „Das ist seit 2000 jedes Jahr das gleiche Spiel“, sagt Thorsten Storck vom Branchendienst Verivox. Er glaubt: Im Schnitt geht’s mit dem Strompreis 2009 um 8 bis 10 Prozent rauf. In München steigen die Tarife ab Januar m 13 Prozent. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 4000 Kilowattstunden (kWh) bedeutet das Mehrkosten von mehr als 100 Euro.
Die AZ-Prognose: Strom wird im Schnitt um zehn Prozent teurer. Für München gilt aber: Bei der Preiserhöhung vom Januar sollte es 2009 bleiben.
So können Sie sparen: Zum einen: den Anbieter wechseln. Die AZ-Tabelle zeigt: Verglichen mit dem neuen Tarif der Stadtwerke im Januar bieten einige Anbieter bislang noch deutlich günstigere Preise. Aber Vorsicht: Oft sind die Preismodelle der Konkurrenten an den Tarif des Grundversorgers gekoppelt. TelDaFax etwa bietet Strom immer zwei Cent je kWh günstiger an. Gut möglich also, dass dort der Preis ebenfalls steigt. Bevor Sie wechseln, sollten Sie sich auf jeden Fall nach einer Preisgarantie erkundigen. Die zweite Möglichkeit: Die Stadtwerke bieten einen Internet-Tarif. Da gibt es einen einmaligen Bonus von 25 Euro und einen um 10 Euro billigeren Grundpreis.
Andreas Jalsovec
- Themen:
- Eon AG
- Stadtwerke München