Größter Kursrutsch an Chinas Börse seit acht Jahren
Nach drei Wochen Erholung sind Chinas Aktienmärkte wieder in den freien Fall übergegangen. Der Component Index in Shenzhen stürzte um 7,59 Prozent ab. Der Shanghaier Composite Index verlor sogar 8,48 Prozent, was der größte Tagesverlust seit acht Jahren ist.
Peking - Analysten zufolge sorgen sich Investoren, dass das Stützungsprogramm der Regierung langfristig keine Wirkung haben könnte. Weil die Börsen des Landes Anfang Juli zeitweise um mehr als ein Drittel an Wert verloren hatten, versuchen Behörden und Notenbank seitdem massiv gegenzusteuern.
Die Märkte wurden mit Geld geflutet, neue Börsengänge ausgesetzt und die Papiere von bis zu 1400 Unternehmen vom Handel ausgesetzt. Vom Tiefstand am 8. Juli waren die Kurse daraufhin bis vergangenen Freitag zunächst wieder kräftig gestiegen.
Doch nicht nur die Börse, auch Chinas Wirtschaft lief zuletzt nicht rund. Die Gewinne großer chinesischer Unternehmen sind im Juni im Vorjahresvergleich um 0,3 Prozent zurückgegangen, wie das nationale Statistikamt am Montag in Peking mitteilte. Bereits am Freitag hatte es schlechte Nachrichten für die Konjunktur gegeben: Die Stimmung chinesischer Produzenten war laut einer Umfrage auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren gefallen.
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Negative Wirtschaftsdaten und inzwischen zum Teil wieder gelockerte Handelsrestriktionen für chinesische Aktien hätten die teils panischen Verkäufe ausgelöst, erklärten Händler am Montag. Zudem gehe allmählich die Sorge vor einer anstehenden Leitzinsanhebung in den USA um, wodurch Aktien in Schwellenländern unter Druck geraten könnten. Analyst Frederik Kunze von der NordLB sah in der Talfahrt aber auch eine Gegenreaktion auf die "verabreichten Beruhigungspillen" seitens der chinesischen Regierung.
Auch andere Börsen in Asien gerieten in den Abwärtssog. Der Sammelindex Stoxx 600 Asia/Pacific büßte 1,74 Prozent auf 171,54 Punkte ein. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte schloss in Tokio mit minus 0,95 Prozent bei 20 350,10 Punkten. Händler verwiesen auf Aussagen des Vizegouverneurs der japanischen Notenbank, Hiroshi Nakaso. Er habe gewarnt, dass Chinas verlangsamtes Wirtschaftstempo Einfluss auf Japans Exporte haben könnte.
Ein Kursrutsch in China hat auch den deutschen Aktienmarkt in Mitleidenschaft gezogen. Am Nachmittag drückte die schwach erwartete Wall Street zusätzlich auf die Stimmung und ließ den deutschen Leitindex Dax um 1,84 Prozent auf 11 138,85 Punkte absacken.
Das überraschend aufgehellte Ifo-Geschäftsklima dämmte die Verluste in Frankfurt nur vorübergehend ein. Ein etwas stärker als erwarteter Zuwachs bei den US-Auftragseingängen für langlebige Wirtschaftsgüter hatte keine erkennbaren Auswirkungen.
Damit geht die Talfahrt beim Dax weiter - am Freitag hatte das Börsenbarometer mit einem Wochenabschlag von knapp 3 Prozent geschlossen. Diese Entwicklung treibe den Anlegern die Sorgenfalten auf die Stirn, schrieb Analyst Stephen Schneider von der WGZ Bank.
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Eine Belastung für den deutschen Leitindex ist auch der weiter erholte Euro, der zwischenzeitlich wieder über 1,11 US-Dollar kletterte. Eine starke Gemeinschaftswährung verteuert die Produkte vieler exportstarker deutscher Unternehmen für Käufer außerhalb der Eurozone.
Der MDax der mittelgroßen Werte sank am Montag um 2,12 Prozent auf 20 204,92 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDax büßte 2,24 Prozent auf 1764,12 Punkte ein. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 1,76 Prozent auf 3536,72 Punkte bergab.
Die Aktien der Deutschen Börse büßten 1,80 Prozent ein. Außer dem 725 Millionen Euro schweren Kauf der Devisenhandels-Plattform 360T kündigte der Frankfurter Börsenbetreiber die Komplettübernahme des Index-Anbieter Stoxx sowie der Indexberechnungsfirma Indexium an. Die am Abend erwarteten Quartalszahlen der Deutschen Börse sollten Experten zufolge stark ausfallen.
Die Papiere von Deutscher Bank und Commerzbank sackten um 3,44 beziehungsweise 2,92 Prozent ab. Damit zollten sie Börsianern zufolge ihrer zuletzt deutlichen Erholung Tribut.
Am deutschen Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 0,55 Prozent am Freitag auf 0,52 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,16 Prozent auf 139,12 Punkte. Der Bund-Future legte um 0,17 Prozent auf 154,05 Zähler zu. Der Kurs des Euro stieg: Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1058 (Freitag: 1,0939) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9043 (0,9142) Euro.