Grenzen fürs Internet
Kritik am Beschluss der Telekom, die Menge der Daten zu beschränken, die sich neue Kunden herunterladen dürfen. Video-Anbieter fürchten um ihr Geschäft. Wie teuer wird es für Nutzer?
BONN - Ein Tabubruch: Wer bei der Telekom vom 2. Mai an einen Vertrag abschließt, für den ist das Spiel ohne Grenzen im Internet vorbei, bevor es begonnen hat. Für neue Kunden will die Telekom nämlich die Menge der Daten beschränken, die abgerufen werden können.
Die Änderung greift zwar frühestens 2016, jedoch fürchten Verbraucher und Internet-Anbieter, dass das Beispiel Schule macht. Im Netz ist die Aufregung groß: Aus der Telekom sei eine „Drosselkom“ geworden, schreiben Nutzer.
Grünen-Politiker Malte Spitz warnte in einem „Zeit“-Beitrag vor dem „Ende des Internets wie wir es kennen“. Auf Dauer könnten sich nur Anbieter behaupten, die sich mit viel Geld die Möglichkeiten erkauften, ihre Inhalte ins Netz einzuspeisen.
Was genau plant die Telekom?
Für Kunden mit einer schnellen Datenleitung und einem Pauschalpreis wird eine Obergrenze von 75 Gigabyte pro Monat eingeführt. Ab diesem Datenvolumen will die Telekom die Übertragungs-Geschwindigkeit auf 387 Kilobit pro Sekunde deutlich drosseln.
Was kann der Kunde dann noch im Internet tun?
E-Mails checken (sofern sie keine Bilder enthalten) und mit viel Geduld auch im Internet surfen. Wem das nicht reicht, der kann Datenpakete gegen ein Aufgeld dazubuchen.
Welche Kunden sind von der künftigen Grenze betroffen?
Alle, die Videos im Internet ansehen oder übers Internet Fernsehen. Bei der heutigen Datendichte entsprechen 75 Gigabyte nach Angaben der Telekom zehn Filmen in herkömmlicher Auflösung sowie drei HD-Filmen, 60 Stunden Internetradio, 400 Fotos und 16 Stunden Online-Gaming.
Das klingt nach viel – für Familien mit internet-affinen Teenagern sind diese Zahlen allerdings schnell erreicht. Den eigenen Videodienst Entertain will die Telekom nicht auf das Daten-Kontingent anrechnen. Das ärgert Entertain-Konkurrenten wie Apples iTunes-Plattform, Amazons Streaming-Dienst Lovefilm, das ähnliche Angebot Watchever oder YouTube.
Diese Unternehmen können theoretisch bis 2016 Verträge mit der Telekom schließen, um sich eine ähnlich bevorzugte Behandlung zu sichern.
Machen andere Internet-Provider bei der Drosselung mit?
Vodafone will nicht mitziehen: „Wir haben keine Pläne, die DSL-Geschwindigkeit unserer Kunden zu drosseln“, versicherte ein Sprecher. Auch Unitymedia Kabel Baden-Württemberg erteilte einer Drosselung eine Absage: Bereits heute könnten Datenübertragungsraten von 150 Megabit pro Sekunde angeboten werden, die mit wenigen technischen Anpassungen auf 400 MBit/s erhöht werden könnten.
Bei Kabel Deutschland dagegen gibt es bereits Datengrenzen – sie funktionieren aber anders als bei der Telekom. So ist ein Tages-Volumen von zehn Gigabyte vorgesehen, nach dem das Tempo gedrosselt werden kann. Derzeit passiert es aber erst ab 60 Gigabyte am Tag.
Bei 1&1 gehört das Prinzip zum günstigsten Tarif dazu: Bis 100 Gigabyte im Monat surft der Nutzer mit bis zu 16 MBit pro Sekunde, danach nur noch mit der langsamsten DSL-Geschwindigkeit von einem MBit pro Sekunde.
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