Glücksspiel-Anrufe: Frau verliert Job
Mit Anrufen bei einer Glücksspiel-Hotline hat sich eine Angestellte um den Job gebracht.
Das Radio-Gewinnspiel „Das geheimnisvolle Geräusch“ zieht bundesweit Tausende Menschen in seinen Bann. Auch eine Buchhalterin in Wesel fieberte mit. „Sie wusste die richtige Lösung“, sagt ihr Anwalt Nils Jurgutat. Und sie wollte den Jackpot unbedingt haben. Bis zu 37 Mal wählte die Frau von ihrem Büroapparat die Sondernummer. 50 Cent kostete jeder Anruf das Unternehmen. „Sie hat nicht darüber nachgedacht“, sagt ihr Anwalt. „Ihr Chef hat ja Privattelefonate am Arbeitsplatz geduldet.“
Statt des erhofften 26 000-Euro-Gewinns hält die Bürokauffrau kurz darauf die fristlose Kündigung in ihren Händen – und zieht vor Gericht. „Der Arbeitgeber hat das private Telefonieren am Arbeitsplatz nicht geregelt – auch den Umfang nicht“, bemerkt Richter Michael Gotthardt gestern am Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit hochgezogenen Augenbrauen. Das müsse der Klägerin zugutegehalten werden. Der Fall sei nicht gleichzusetzen mit dem berüchtigten „Griff in die Kasse“.
Die Angestellte will die 18,50 Euro zahlen – das wird abgelehnt
Die Angestellte ist nicht die erste, die wegen solcher Telefonate gefeuert wird. Richter Gotthardt zitiert die einschlägige Rechtsprechung: „Ein Anruf reicht laut Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz nicht aus, 2000 Anrufe wie in Leipzig schon. Jetzt haben wir also etwas in der Mitte.“ Der beklagte Unternehmer meldet sich zu Wort: „Da wird mit meinem Geld ein Jackpot aufgebaut. Da möchte ich schon vorher zustimmen“, sagt der Chef eines kleinen Versandhandels. Er spielt darauf an, dass mit den Telefongebühren der immer größer werdende Jackpot gespeist wird.
Dem Geschäftsführer waren die Sondernummern bei der Prüfung der Telefonrechnung aufgefallen. Als er seine Mitarbeiterin anspricht, räumt die einen Tag später die Anrufe reumütig ein und bietet an, 18,50 Euro für 37 Anrufe zu erstatten. Allerdings vergeblich. Hoffnungen auf einen Freibrief für die Arbeitnehmer zerstoben gestern: Anrufe bei kostenpflichtigen Gewinnspiel-Hotlines seien von der Duldung des Arbeitgebers nicht gedeckt und eindeutig ein Pflichtverstoß. Für „die schärfste Waffe des Arbeitsrechts“ sei dieser Verstoß aber nicht gravierend genug, befindet das Landesarbeitsgericht in der zweiten Instanz und kassiert den fristlosen Rauswurf ein.
Doch davon hat die Frau wenig: Die ordentliche Kündigung hat Bestand. Ihren Job ist sie los. Weil sie erst ein Jahr in dem kleinen Betrieb war, ist auch die Kündigungsfrist entsprechend kurz. Der Platz der Klägerin blieb gestern leer. Die Bürokauffrau hat schon einen neuen Job. Den Jackpot hat die Frau nicht gewonnen und Richter Gotthardt scheint darüber nicht unglücklich: „Sonst hätten wir hier wegen der Frage, wem das Geld gehört, noch einen Prozess.“ F. Christiansen
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