Die größten Fehler beim Sanieren: "Da sind die Leute gerne blauäugig"

Über 70 Prozent der Wohngebäude in München wurden laut dem Statistischen Amt München vor 1980 gebaut. Viele Münchner müssen sich also auf kurz oder lang mit dem Thema Sanieren beschäftigen. Etwa um Energiekosten zu sparen durch eine bessere Dämmung oder eine moderne Heizungsanlage. Und wer ein Gebäude kauft, das vor dem 1. Februar 2002 errichtet wurde, ist durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ohnehin zum Sanieren verpflichtet.
Weil es ordentlich Zeit und Geld fressen kann, die eigenen vier Wände vernünftig auf Vordermann zu bringen, stellt die AZ mehrere Tipps vom Bausachverständigen Tobias Beuler vor. Der hat sich in seinem Buch "Sanieren Modernisieren Renovieren" mit allen Fallstricken befasst, die bei so einem Projekt auftreten können.
Tipp 1: Den Wert eines Hauses richtig schätzen
Wer die sanierungswürdige Wohnung noch nicht besitzt, sollte die Mängel genauestens kennen, um zu wissen, wie viel Kosten diese über den reinen Verkaufspreis hinaus verschlingt. Dabei sollte man unter anderem die Gebäudeeffizienzklassen von A+ bis zu H auf dem Schirm haben. Denn die aufzurüsten, kann teuer werden: "Wenn ich etwa von G auf H hochkommen möchte, brauche ich ein Investment von 25.000 bis 50.000 Euro", sagt Beuler. "Da kann man sich ausrechnen, ist das überhaupt ein fairer Wert, den der Verkäufer da haben will?"

So ist dann auch klar, ob sich das Projekt überhaupt lohnt: Die Sanierungskosten sollten maximal 75 Prozent eines Neubaus betragen, nennt Beuler als Faustregel. "Sonst fange ich auf dem weißen Papier lieber ganz von vorne an." Wenn das keine Option ist, lieber Finger weg von der Wohnung. Die Ausnahme: Altbauten, die für einen persönlich einen emotionalen Wert haben, wie etwa Omas Häuschen. "Die haben eine emotionale Rendite, die man da rausziehen kann", sagt Beuler.
Tipp 2: Experten engagieren
Für die Bewertung einer Immobilie ist das Wissen eines Experten goldwert: Einem Energieberater, Bausachverständigen oder Architekten fallen Dinge auf, die Laien entgehen, wie etwa ein einst feuchter Keller oder ein mehrmonatiger Leerstand und die dadurch lauernden Kosten. "Die bewahren einen davor, die falsche Wohnung zu kaufen", sagt Beuler. Die Kosten für einen guten Experten: Zwischen 1500 und 2000 Euro.
Sachverständige können außerdem bei der Projektplanung helfen und zeigen, was machbar ist – und was eben nicht. Etwa bei der Raumaufteilung: "Meistens ist es so, dass die so bleibt, wie sie ist", sagt Beuler.

Auch bei den Sanierungsarbeiten selbst sollte man besser nicht an Handwerkern sparen. "Da sind die Leute gerne blauäugig", sagt Beuler. Wofür Profis tagelang in Teams schuften, habe man als Privatperson nur nach Feierabend oder an den Wochenenden Zeit.
Tipp 3: Sanierung komplett planen
Wer so ein Projekt angeht, sollte alle erforderlichen Arbeiten im Vorhinein planen – und im Falle einer Kernsanierung mindestens ein Jahr Zeit einplanen. Beuler warnt: "Eine häppchenweise Sanierung dauert wesentlich länger und ist auch noch mal teurer."
Er empfiehlt stattdessen, eine Prioritätenliste aufzustellen. "Die einen kochen gerne und geben lieber ein bisschen mehr für die Küche aus. Dafür reicht ihnen, wenn in der Wohnung Teppich liegt." Anhand dessen sollte dann das verfügbare Budget verteilt werden. Dabei sollte laut Beuler ein Sicherheitspuffer eingeplant werden, der 15 Prozent des Gesamtbudgets ausmacht, um auf "Überraschungen und Folgekosten" reagieren zu können. Die kann es schließlich immer geben – trotz vorausschauender Planung.

Ein typisches Beispiel: Verzögert sich die Sanierung und die Handwerker-Arbeiten beginnen erst später, können inzwischen die Materialpreise nach oben geschossen sein. Weil Handwerker diese an die Kunden weitergeben, heißt es dann: "Auf der Rechnung steht 80.000 oder 90.000 Euro anstelle der geplanten 60.000 Euro." Beuler empfiehlt deshalb, die Preise von den Handwerkern vertraglich garantieren zu lassen.
Wer vernünftig plant, könne außerdem Synergieeffekte nutzen. Wenn etwa eine Photovoltaikanlage aufs Dach soll, aber auch die Fassade und Fenster erneuert werden müssen, sollten die Handwerkertermine aufeinander abgestimmt werden. "Dann zahle ich das Gerüst nur einmal", sagt Beuler.
Tipp 4: Staatliche Förderungen nutzen
Die Kosten für die Sanierung muss man nicht allein schultern, denn der Staat gibt Schützenhilfe. Beuler rät, die Webseite der KfW nach verfügbaren Förderungen zu prüfen. Aktuell werden etwa klimafreundliche Heizungen wie Wärmepumpen bezuschusst oder die klimafreundliche Sanierung von Wohngebäuden durch Kredite mit einem Tilgungszuschuss zwischen fünf und 45 Prozent unterstützt. Aber: "Die Töpfe sind immer begrenzt." Das heißt, es stehen feste Beträge dahinter und wenn die aufgebraucht sind, kommt auch kein neues Geld nach.