Gehalt verdoppelt: Revolution bei Schlecker

Triumph für die Verkäuferinnen der Drogerie-Kette. Nach Protesten der Belegschaft und schlechten Umfrageergebnissen unter Kunden werden die Löhne zum Teil fast verdoppelt.
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MÜNCHEN/STUTTGART - Triumph für die Verkäuferinnen der Drogerie-Kette. Nach Protesten der Belegschaft und schlechten Umfrageergebnissen unter Kunden werden die Löhne zum Teil fast verdoppelt.

Feierlaune bei den Beschäftigten von Schlecker: Während in anderen Firmen Lohndrückerei und Leiharbeit auf dem Vormarsch sind, haben sich bei der Drogerie-Kette die Machtverhältnisse kurzzeitig umgekehrt. Auf Druck seiner Verkäuferinnen und Kunden verzichtet das Unternehmen auf den Einsatz von Billiglöhnern.

Monatelang tobte der Kampf bei Schlecker, am Ende musste das Unternehmen einknicken. Mit einer eigenen Leiharbeits-Firma hatte die Kette zuvor die Löhne geschrumpft – auf magere 6,78 Euro brutto pro Stunde, berichtet die Gewerkschaft Verdi. Reihenweise wurde den regulären Beschäftigten gekündigt und nahegelegt, die schlechter bezahlte Zeitarbeit-Jobs in den neuen Schlecker-XL-Filialen anzunehmen. Die Folge: Die Mitarbeiterinnen – ungewöhnlich für einen Discounter – gingen auf die Barrikaden, forderten sogar auf offener Straße Kunden auf, nicht bei Schlecker-XL einzukaufen.

Wahrscheinlich wäre Schlecker trotz der Proteste mit seiner rüden Personalpolitik durchgekommen – schließlich reizen viele Firmen alle Möglichkeiten aus, Personalkosten zu sparen. Doch Schlecker hatte den Bogen überspannt. Der Feldzug gegen die eigene Belegschaft war zu offensichtlich, um auf Dauer zu funktionieren: Erst bescheinigten Marktforscher Schlecker, die Kunden würden die Filialen wegen ihres schlechten Arbeitgeber-Images meiden. Dann witterte die Politik das Skandalpotenzial. Auch Vertreter der Union fanden es schick, Schlecker anzuprangern. So sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem „Missbrauch“ der Zeitarbeit. In Zeiten zunehmenden Sparzwanges war der Tadel für die Drogeriekette vielen Politikern eine willkommene Möglichkeit, sich als Arbeitnehmer-Freund zu zeigen.

Notgedrungen ließ sich Schlecker auf Verhandlungen im Stuttgarter Gewerkschaftshaus ein. Siebenmal traf man sich dort, ein letztes Treffen im Hotel Kempinski am Münchner Airport brachte um viertel vor zwei Uhr morgens den Durchbruch. Die Leiharbeit bei Schlecker wurde so gut wie abgeschafft. Bundesweit – also auch in den Niedriglohn-Gebieten Ostdeutschlands – werden die Schlecker-XL-Beschäftigten jetzt nach dem Tarifvertrag Baden-Württembergs bezahlt und bekommen fast das Doppelte des früheren Leih-Lohns, rund 12,30 Euro pro Stunde. sun

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