G20-Finanzminister vor schwieriger Kompromisssuche
Die G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer ringt um eine gemeinsame Linie in der Handels-, Finanz- und Steuerpolitik.
Baden-Baden - Auf Einladung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kommen die Finanzminister und Notenbankchefs der G20 heute in Baden-Baden zusammen. Überlagert wird das zweitägige Treffen der Top-Wirtschaftsmächte von den Ankündigungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, in der Handels- und Steuerpolitik künftig vor allem auf amerikanische Interessen zu schauen. Kurz vor der G20-Ministerrunde hatte sich Schäuble mit seinem neuen US-Amtskollegen Steven Mnuchin in Berlin abgestimmt.
Bei den Vorbereitungsgesprächen der Unterhändler dauerte der Streit über die Handelspolitik nach einem Bericht des "Handelsblatts" an. Vertreter mehrerer G20-Staaten hatten demnach gefordert, an einem Bekenntnis zum Freihandel in der gemeinsamen Abschlusserklärung festzuhalten. Vor allem die US-Regierung soll aber eine klare Absage an Protektionismus ablehnen.
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Deutschland hat bis zum Sommer den G20-Vorsitz übernommen und richtet Anfang Juli den Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Hamburg aus. Die deutschen Gastgeber haben eigentlich Schwerpunkte wie die Stärkung der Widerstandskraft der Volkswirtschaften oder Investitions-Partnerschaften mit Afrika gesetzt. Deutschland will Maßnahmen für eine robustere Wirtschaft, ein tragfähiges Schuldenniveau, stabile Finanzmärkte und zusätzliche Investitionen vorantreiben. Zudem sollen Chancen und Risiken der Digitalisierung im Finanzmarkt Thema sein. Weitere Schwerpunkte sind mehr Steuertransparenz sowie der Kampf gegen Geldwäsche.
Die Handelspolitik ist in der G20-Gruppe Sache der Staats- und Regierungschefs. Doch die Minister und Notenbankchefs sprechen über globale Ungleichgewichte und Wechselkurse. Bisher hatten sich die G20 klar gegen Protektionismus und Währungsabwertungen ausgesprochen - damit ist gemeint, dass Länder den Kurs ihrer Währung drücken, um so ihre Exporte künstlich zu verbilligen.
Für Unruhe sorgt auch die Ankündigung der US-Regierung, die Finanzmarktregulierung auf den Prüfstand zu stellen. Befürchtet wird, dass dies letztlich zu einer Lockerung der Bankenregeln führt. Mit einer kompletten Rücknahme der seit der Finanzkrise vereinbarten Vorgaben wird in Berlin aber nicht gerechnet.
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Schließlich droht in der G20 ein Wettlauf um niedrige Steuern für Unternehmen - ausgelöst von den USA und Großbritannien. Trump hatte angedroht, ausländische Unternehmen, die in den USA ihre Produkte absetzen, dort aber nicht produzieren, mit einer Importsteuer zu bestrafen. Diskutiert wird eine "Grenzausgleichssteuer": Exportumsätze von US-Unternehmen blieben dann steuerfrei, ihre Importkosten könnten aber nicht beim Fiskus geltend gemacht werden.
Schäuble hatte vor einem solchen grundlegenden Systemwechsel bei der Reform der Besteuerung von Unternehmensgewinnen gewarnt. Alle Doppelbesteuerungsabkommen würden damit infrage gestellt. Einseitig könne das ein Land auch gar nicht umsetzen.