"Für die Mitarbeiter ist das natürlich eine schwierige Situation"

Das Beraterregister macht trotzdem Sinn, sagt der Experte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg
von  AZ Aktuellredaktion

 

AZ: Ist es für Sie nachvollziehbar, dass die Gewerkschaft gegen das Berater-Register klagt?

NIELS NAUHAUSER Natürlich. Verdi ist die Vertretung der Mitarbeiter und nicht für die Beratungsqualität zuständig. Die Gewerkschaft will zufriedene Angestellte des Bankgewerbes, und es ist logisch, dass die Mitarbeiter nicht die aufsicht im Nacken haben wollen.

Die Gewerkschaft findet es besonders problematisch, dass Beschwerden festgehalten werden, auch wenn sie nicht überprüft wurden, wenn also noch gar nicht hieb- und stichfest klar ist, dass der Bankberater etwas falsch gemacht hat.

Aber darum geht es ja – dass die Beschwerden gesammelt werden, dass ein Grundstein dafür gelegt wird, dass die Beratungsqualität auch überwacht wird. Für die Mitarbeiter ist das natürlich eine schwierige Situation. Sie wollen einerseits Beschwerden vermeiden, müssen andererseits die Vorgaben ihrerVerbriebsleiter umsetzen. Wenn das Beschwerderegister funktioniert, könnte es Druck auf die Mitarbeiter erzeugen, so dass die Mitarbeiter mit gestärktem Rückrad auf ihre Vorgesetzten zugehen und sagen: „Ich verkaufe diesen Mist nicht mehr, denn sonst landen bei mir die Beschwerden.“

Also hat die Gewerkschaft doch recht, wenn sie sagt, dass Bankberater unter Generalverdacht gestellt werden?

Ein Generalverdacht ist schon berechtigt. Nahezu jede Bank – das haben unsere Test-Beratungen ergeben – hat deutliche Vertriebsvorgaben, so dass die Beratung nicht optimal oder sogar schlecht läuft. Das ist normalerweise keine Beratung, sondern Verkaufe. Deswegen macht das Berater-Register Sinn. Einen Haken hat es jedoch: Der Kunde muss seine Beschwerde bei der Bank vorbringen, und die muss dies der Bankenaufsicht melden. Das heißt: Der Berater muss eine Beschwerde über ihn selbst melden. Wenn der Kunde seine Beschwerde mündlich vorgetragen hat, kann man kaum kontrollieren, was damit passiert. Das geht höchstens, wenn der Kunde sich schriftlich beschwert und dies in der Zentrale der Bank einläuft.

Dann sind Sie also dafür, dass die Kunden sich direkt bei der Finanzaufsicht Bafin beschweren können?

Das beste wäre, man schafft den Vertrieb ab. Zurzeit wird versucht, mit Vorschriften wie dem Protokoll oder den Beipackzetteln für einzelne Finanzprodukte den Anschein zu erwecken, als würde der Kunde beraten. Besser wäre es, der Kunde würde bei unabhängigen Experten für eine Beratung zahlen und sich dann die Produkte, die er haben will, selbst kaufen.

Das Beratungsprotokoll, das sie gerade erwähnt haben und das seit knapp drei Jahren Pflicht ist, soll doch eigentlich den Kunden davor schützen, über den Tisch gezogen werden. Erfüllt es denn seinen Zweck nicht?

Seit der Einführung des Protokolls hat sich die Beratung in der Bank nicht verändert. Der Kunde bekommt nur im Anschluss an ein 20-minütiges Gespräch ein Protokoll zugeschickt. Darin steht, worüber er aufgeklärt wurde – sämtliche Risiken etwa von Aktiengeschäften, dazu die Daten, die von ihm abgefragt wurden. Dies alles angeblich in 20 Minuten! Das gibt es doch gar nicht! Aber die Banken finden die Protokolle mittlerweile ganz gut. Für sie dient ein Protokoll bei Streitigkeiten dazu, Ansprüche abzuwehren. Die Berater sagen: So ein Protokoll, das schützt uns vor Gericht.

 

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