Frauenquote: Jetzt aber schnell!

AZ-Interview mit Erik Bethkenhagen von der Personalberatung Kienbaum.
Susanne Stephan |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Frauen vor, wenn's sein muss, per Gesetz.
Frauen vor, wenn's sein muss, per Gesetz.

 

 

BERLIN Die Frauenquote – 30 Prozent der Aufsichtsräte – soll ab 2016 für mitbestimmte, börsennotierte Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern gelten. Ab 2015 müssen sich die Unternehmen außerdem verbindliche Zielvorgaben für bestehende Aufsichtsräte, Vorstände und Führungspositionen unterhalb der Vorstände geben. Die Unternehmen werden damit verpflichtet, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, können die Ziele aber selbst festlegen. Bisher beträgt der Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen zusammen nur 11,7 Prozent. CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs sagte gestern, viele Firmen würden Schwierigkeiten haben, mit der Quote zu leben. Er verwies auf den Maschinenbau, in dem nur wenige Frauen tätig seien. Die Unions-Verhandlungsführerin der Koalitions-AG Familie, Annette Widmann-Mauz, sagte dagegen: „Wir wollen die Aufstiegschancen von Frauen befördern.“

 

AZ: Freuen Sie sich jetzt auf viele Aufträge von Unternehmen, die dringend Aufsichtsräte suchen?

 

ERIK BETHKENHAGEN: Die Firmen suchen sowieso schon intensiv. Es war klar, dass die Quote irgendwann kommt. In den Unternehmen des Dax 30 sind zudem bereits knapp 15 Prozent der Aufsichtsräte weiblich. Etwas schwieriger ist es in den Unternehmen des MDax, SDax und des TecDax, die technischer geprägt sind. Dort ist die Nachfrage nach weiblichen Führungskräften konstant hoch.

Die Firmen locken den weiblichen Nachwuchs mit Girls Days, mit anderen Aktionen und mit flexiblen Arbeitszeitmodellen - aber der Erfolg ist bescheiden.

So etwas geht eben nicht über Nacht. Der gesellschaftliche Wandel, den wir brauchen, wird noch 20, 25 Jahre dauern. Er muss schon in den Kindergärten einsetzen, damit wir eine höhere Zahl von Studentinnen in den entsprechenden Fachrichtungen an den Universitäten sehen und diese in der Entwicklung für zukünftige Führungsaufgaben begeistern können.

In der DDR gab's die Probleme, mit denen sich die Unternehmen jetzt herumschlagen, nicht in diesem Ausmaß. Dort fanden Sie viele Frauen in technischen Berufen - Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein Beispiel dafür. Was können wir uns von dem System abgucken?

In der DDR gab es allerdings auch keinen Dax. Mit Planwirtschaft lassen sich die Veränderungen nicht erreichen. Es geht eher um die Frage, wie ich bei Mädchen das Interesse für Technik wecke, wie ich das nötige Wissen vermittle, wie gleichzeitig Konventionen aufzubrechen sind. Oft behindert nämlich zusätzlich die gläserne Decke Frauen in Unternehmen, nicht die fehlende technische Qualifikation. Für verschiedene Positionen im Aufsichtsrat braucht es die nicht unbedingt.

Wie viele Stunden Arbeitszeit pro Woche veranschlagen Sie für ein Aufsichtsratsmandat in einem Dax-Unternehmen?

Das lässt sich schwer über einen Kamm scheren, aber mit zwei Tagen im Jahr ist es sicher nicht getan. Die Haftungsanforderungen an Aufsichtsräte sind gestiegen, die öffentliche Aufmerksamkeit für die Funktion auch. In Krisensituationen kann ein Aufsichtsrat schon einmal fünf Tage pro Woche eingespannt sein. Mehr als drei Aufsichtsratsmandate sind parallel sicher nicht zu bewältigen.

Daran gemessen sind Aufsichtsräte im Vergleich zu Vorständen schlecht bezahlt. Sie verdienen im Schnitt 325 000 Euro, also weniger als ein Zehntel eines Vorstandsgehaltes. Erschwert das nicht die Suche?

Ja, es wird gerne vergessen, dass so ein Job nicht für jede Top-Frau attraktiv ist. Gleichzeitig haben Aufsichtsräte eine Reihe von formalen Anforderungen zu erfüllen. Um nur einige zu nennen: Sie müssen Bilanzen lesen können, brauchen Branchen-Kompetenz, Mindest- und Sonderqualifikationen etwa für den Strategie- oder den Personalausschuss sowie inzwischen ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit.

Wie lange dauert die Suche nach einer geeigneten Kandidin in der Regel?

Das kann im Einzelfall sehr schnell gehen, allerdings müssen Aufsichtsräte natürlich von der Hauptversammlung gewählt werden. Das bedeutet eine Verzögerung, dazu kommt die deutsche Praxis, Aufsichtsräte oft im fünf-Jahres-Turnus zu wählen. Hier hat der Koalitionsvorschlag das ganze ja auch relativiert, indem nur von neu zu wählenden Aufsichtsräten dir Rede ist. Das heißt, wenn in diesem Jahr eine turnusmäßige Wahl stattgefunden hat, muss die Quote erst 2018, also bei der nächsten Wahl, erfüllt sein. Interview: sun

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
Teilen
lädt ... nicht eingeloggt
 
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.