EZB hält Zinsen stabil - Sorgen um Frankreichs Schulden

Die EZB hält in unsicheren Zeiten am Leitzins von 2,0 Prozent fest. Was das für Kredite, Sparzinsen und den Alltag der Verbraucher bedeutet – und warum Frankreich plötzlich große Sorgen macht.
von  Jörn Bender und Alexander Sturm, dpa
Die EZB hat die Leitzinsen in Serie gesenkt, nun machen die Euro-Währungshüter eine Pause.
Die EZB hat die Leitzinsen in Serie gesenkt, nun machen die Euro-Währungshüter eine Pause. © Boris Roessler/dpa

In politisch unsicheren Zeiten lässt die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Euroraum unverändert. Der für Banken und Sparer wichtige Einlagenzins bleibt bei 2,0 Prozent.

Schon im Juli hatte die EZB die Leitzinsen nicht angetastet - nicht zuletzt wegen des "außergewöhnlich unsicheren Umfelds" im Zollstreit mit den USA, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde damals betonte. Nun hat Europa es mit einer Regierungskrise in Frankreich zu tun. 

Nach der Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt ging Lagarde nicht näher auf die Lage in Frankreich ein, wo erst am Montag die Regierung im Streit über Sparmaßnahmen zerbrochen war. Die Französin äußerte lediglich allgemein die Hoffnung, dass politische Entscheidungsträger alles tun werden, um "Unsicherheit so weit wie möglich reduzieren".

Bangen wegen Schuldenkrise in Frankreich

Die Sorge ist groß, dass Frankreichs Verschuldung außer Kontrolle geraten könnte. An den Finanzmärkten wird bereits spekuliert, ob die EZB die zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft mit Staatsanleihenkäufen stützen würde. 

Für Frankreich werden neue Schulden immer teurer: Die Risikoaufschläge für französische Staatsanleihen sind deutlich gestiegen, die Rendite zehnjähriger Anleihen liegt über der von Wertpapieren aus Griechenland. 

Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Deutschlands Nachbarland mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Frankreichs Haushaltsdefizit lag zuletzt mit 5,8 Prozent weit über dem europäischen Grenzwert von 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Stützt die EZB Frankreich mit Anleihekäufen? 

Die EZB stellte klar, dass sie über Instrumente wie TPI ("Transmission Protection Instrument") verfüge, "um ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken". Im Rahmen dieses Programms könnte die EZB unbegrenzt Anleihen einzelner Eurostaaten kaufen. Gedacht ist das Instrument für den Fall, dass die Zinsen für Wertpapiere eines Eurostaates durch Finanzspekulation unverhältnismäßig stark hochschnellen.

Wenn eine Notenbank in großem Stil Staatsanleihen kauft, muss der betroffene Staat nicht so hohe Zinsen für Wertpapiere bieten und kommt günstiger an frisches Geld. Schon in der Euro-Schuldenkrise ab 2010 und ab 2015 im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche steckte die EZB Milliarden in Anleihenkäufe. Kritiker halten dies für Staatsfinanzierung mit der Notenpresse.

EZB in Lauerstellung

Im weiterhin unsicheren Umfeld wartet die Notenbank nach einer Serie von Zinssenkungen lieber ab. Zuvor hatte die EZB die Leitzinsen achtmal binnen eines Jahres herabgesetzt. Noch im Frühjahr 2024 lag der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, bei 4,0 Prozent.

Viele Ökonomen erwarten, dass die EZB die Zinsen in diesem Jahr nicht mehr antasten wird. Denn die ausufernde Inflation ist unter Kontrolle: Im August lag die Teuerungsrate im Euroraum mit 2,1 Prozent im Zielbereich der EZB. Einen solchen Wert nur knapp über ihrem Preisstabilitätsziel von 2,0 Prozent erwartet die Notenbank auch für das Gesamtjahr 2025. Noch im Oktober 2022 hatte die Teuerung im Zuge des Ukraine-Krieges auf mehr als zehn Prozent angezogen.

Wirtschaft trotzt Trumps Zöllen

Zudem erweist sich die Wirtschaft im Euroraum trotz höherer US-Zölle als robust. Für das laufende Jahr erwartet die EZB inzwischen 1,2 Prozent Wachstum. Immer mehr Volkswirte sind überzeugt, dass die Serie von Zinssenkungen beendet ist. "Damit die EZB die Zinsen nochmal senkt, müsste schon ein Konjunktureinbruch oder ein gravierendes Ereignis her", meint Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. 

Zwar bleibt US-Präsident Donald Trump unberechenbar, doch das Szenario einer Eskalation im Zollstreit und einem Schock für die Wirtschaft blieb aus. Seit der Einigung zwischen der EU und den USA habe die Unsicherheit im Handel "deutlich abgenommen", sagte Lagarde.

Niedrigere Zinsen stützen die Wirtschaft, da Kredite für Unternehmen und Verbraucher damit tendenziell günstiger werden. Sparer sind dagegen im Nachteil: Bekommen Banken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder, senken sie meist die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kundenschaft.

Etwas höhere Zinsen für Sparer

Doch das Vergleichsportal Verivox sieht eine Trendwende: Erstmals seit Februar 2024 seien die Durchschnittszinsen bundesweit verfügbarer Tagesgeldangebote gestiegen auf zuletzt 1,28 Prozent. Auch beim Festgeld kletterten die Zinsen über alle Laufzeiten wieder.

Michael Heise, Chefökonom beim Vermögensverwalter HQ Trust, sieht gute Nachrichten für Sparer: "Die Einlagenzinsen der Banken dürften in diesem Jahr kaum noch weiter sinken, sondern stabil bleiben."

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