Europäische Börsen im freien Fall

Nach extrem negativen Vorgaben aus New York und Tokio ist der wichtigste deutsche Aktienindex heftigen Erschütterungen ausgesetzt. Der Ausverkauf von Wertpapieren findet in London und Paris ebenso rapide statt.
Nach erdrutschartigen Verlusten an den Weltbörsen ist der deutsche Aktienmarkt am Freitag zum Handelsstart kräftig abgerutscht. Der Dax stürzte in den ersten Handelsminuten zwischenzeitlich im freien Fall um mehr als zehn Prozent. Gegen 9.45 Uhr notierte er mit 4.503 Punkten 7,8 Prozent im Minus, zuvor hatte bei 4412 Zählern gelegen (minus 9,73 Prozent). Der MDax sackte am Freitagmorgen um 8,62 Prozent auf 5219 Punkte. Der Tec-Dax stürzte um 8,85 Prozent auf 495 Zähler. Den massivsten Kursverlust aller Zeiten erlebte die Frankfurter Börse 1989 mit einem Minus von mehr als zwölf Prozent.
Kurssturz auch an der Börse in Frankreich: 20 Minuten nach Handelsbeginn stand der Index der 40 wichtigsten Unternehmen (CAC 40) am Freitag mit 8,9 Prozent im Minus. Vom Abwärtsstrudel waren alle Firmen betroffen. Die Aktien des Stahlkonzerns Arcelor-Mittal verloren zwischenzeitlich mehr als 11 Prozent, der Stromkonzern GDF Suez büßte fast 14 Prozent ein, der Europäische Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS war mit 9 Prozent im Minus.
Der Londoner FTSE 100 stürzte um 5,88 Prozent auf 4.060,13 Punkte ab. «Die traurige Wahrheit ist, dass die Märkte entschieden haben, dass die globalen Zinssenkungen nicht genug waren. Die Frage ist nun, wie wir aus der Abwärtsspirale herauskommen», sagte ein Händler.
Handelsaussetzung in Frankfurt «im Prinzip» nicht möglich
Für außergewöhnliche rasante Kurseinbrüche im Leitindex Dax gibt es bei der Deutschen Börse keine festgelegten Regeln. «Im Prinzip läuft der Handel weiter», sagte ein Sprecherin des Marktbetreibers am Freitag, egal wie stark der Dax falle. «Mechanismen in Form von Handelsaussetzungen, wie sie etwa an der Pariser Börse existieren, gibt es bei uns nicht», ergänzte sie. Nach einem Absturz des ATX Index um mehr als 10 Prozent hat die Wiener Börse bis Freitagmittag den Aktienhandel ausgesetzt. Die Handelsaussetzung sollte einem panischen Ausverkauf vorbeugen.
Die Regeln des Frankfurter Marktbetreibers griffen nur bei Einzelaktien zum Schutz der Anleger, und zwar dann, wenn der «ordnungsgemäße Handel» gefährdet sei. Dieser sei dann als gefährdet einzustufen, wenn beispielsweise Stücke nicht lieferbar seien, der Handel der betreffenden Aktie im Heimatland ausgesetzt wurde oder die Informationslage, etwa bei Ad-Hoc-Meldungen, unklar sei. Unterdessen setzte die Wiener Börse an diesem Tag ihren Handel kurz nach Eröffnung wieder aus und will ihn voraussichtlich um 12 Uhr wieder starten. (dpa-AFX/AP)