Escada: Bruno Sälzer fordert das letzte Hemd
ASCHHEIM - Der Escada-Boss will die Pleite abwenden. Dafür sollen die Inhaber einer 200-Millionen-Anleihe auf 60 Prozent ihres Geldes verzichten. Akzeptieren 80 Prozent, ist das Unternehmen vorerst gerettet
Bruno Sälzer pokert hoch: Im Kampf gegen die drohende Pleite bittet der Chef des Luxusmodekonzerns Escada jetzt wichtige Schuldner zur Kasse. 200 Millionen Euro hat sich Escada von den Anlegern über eine Anleihe ausgeliehen, die 2012 fällig wird. Auf mehr als die Hälfte ihres Geldes sollen die Inhaber der Papiere jetzt verzichten. Knapp ein Drittel der Anleihe-Papiere gehört Privatanlegern. Von ihrer Reaktion hängt im Wesentlichen ab, ob Escada überlebt.
Professionelle Investoren und Kleinanleger werden in den nächsten Tagen Post bekommen. Darin stehen die Konditionen für die Rettungsaktion: Für 1000 Euro Nennbetrag der Anleihe bietet Escada je eine neue Anleihe über 250 und über 125 Euro. Macht zusammen 375 Euro – wer sich schnell entscheidet und bis zum 14. Juli einschlägt, erhält als Zuckerl außerdem 25 Euro in bar. Am 31. Juli läuft das Angebot ab.
Pleite schon im August?
Dann wird abgerechnet: Schlagen 80 Prozent der Anleihe-Besitzer ein, ist Escada mit seinen rund 4000 Arbeitsplätzen vorerst gerettet. Denn für diesen Fall haben die Tchibo-Familie Herz, der spanische Investor Bestinver und ein neuer Investor zugesagt, frisches Kapital für Escada lockerzumachen. Auch die Hypo-Vereinsbank will dann eine Kreditlinie in Höhe von 13 Millionen Euro aufrechterhalten. Möglicherweise wird Vorstandschef Bruno Sälzer außerdem Staatshilfe beantragen. Schafft Escada dagegen die 80-Prozent-Marke nicht, „geht die Firma in die Insolvenz“, so Escada-Sprecher Frank Elsner. Noch im August müsste wahrscheinlich die Pleite verkündet werden.
Elsner rechnet damit, dass die professionellen Anleger – also vor allem Fonds oder Vermögensverwalter – nüchtern kalkulieren: 400 Euro für eine Anleihe über 1000 Euro sind zwar wenig – aber immer noch mehr als die rund 290 Euro, die zurzeit dafür an der Börse gezahlt werden.
Weniger rational, vielleicht sogar wütend könnten Privatanleger reagieren. Kritisch wird’s, wenn viele Anleger zocken – sich nicht auf den Verzicht einlassen und darauf setzen, dass trotzdem irgendwie die nötigen 80 Prozent zustandekommen. Dann wird Escada (voraussichtlich) dank des Opfers der 80 Prozent überleben, die Umtausch-Verweigerer profitieren von der Leidensbereitschaft der anderen Anleger und können entspannt der vollen Rückzahlung ihrer Papiere entgegensehen.
Von der Rettung würden nur die Aktionäre profitieren
Nicht nur deshalb ist Christoph Öfele von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) über das Escada-Angebot sauer. Für ihn ist es „inakzeptabel“, dass die Anleger bluten sollen, aber an einem künftigen Erfolg von Escada nicht beteiligt werden. Öfele fordert eine Eigenkapital-Komponente – also beispielsweise einen Tausch der alten Anleihe in eine so genannte Wandelanleihe, die den Anlegern das Recht einräumt, ihre Papiere später zu einem heute festgesetzten Kurs in Escada-Aktien umzutauschen. Berappelt sich der Aktienkurs in den nächsten Jahren an der Börse, würden die Anleihe-Besitzer auf diese Art für ihren Verzicht entschädigt.
So, wie das Umtausch-Angebot im Moment gestrickt ist, bemängelt Öfele, profitieren nur die Aktionäre von der Escada-Rettung – unter ihnen auch Vorstandschef Bruno Sälzer, der jetzt an die Solidarität der Gläubiger appelliert. Sälzer hält nach Unternehmensangaben knapp 300000 Aktien, Vorstand Werner Lackas gut 100000.
sun
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