Es steht ein Zug im Nirgendwo
Berlin/München - Diesmal soll nichts schiefgehen. Mit Grausen erinnert sich Bahnchef Rüdiger Grube an die zwei vergangenen Winter, als Zugausfälle zu chaotischen Zuständen auf deutschen Bahnhöfen sorgten – eine PR-Katastrophe. Auch heuer wird es möglicherweise zu Pannen kommen, aber Grube will wenigstens beizeiten einen Schuldigen benannt haben. Die Zughersteller Siemens und Bombardier, sagt er, seien schuld.
Bei mehreren Großaufträgen würden die Hersteller trödeln, heißt es bei der Bahn. Frank Sennhenn, der Vorstandschef der Bahn-Regionalverkehrssparte DB Regio, klagte bereits, Reservezüge von Bombardier, die eigentlich seit Ende 2009 im Einsatz sein sollten, hätten noch immer keine Zulassung und stünden unbenutzt herum.
„Wir können unseren Kunden ja keine Züge zumuten, die nicht funktionieren”, sagte Sennhenn. Es werde noch dauern, bis die über 100 Exemplare in Betrieb gehen könnten, da sie „durch das lange Herumstehen nicht besser geworden sind”.
Probleme mit den Herstellern – unter anderem Siemens – gab es bereits 2008, als ein ICE entgleiste, nachdem eine Radsatzwelle gebrochen war. Danach mussten die Züge der ICE-3-Flotte per Ultraschall auf ähnliche Probleme untersucht werden. Eine eindeutige Schuldzuweisung ist aber schwierig. Normalerweise setzen sich die Ingenieure der Hersteller und der Bahn zusammen an einen Tisch, wenn Züge geplant werden. Dabei werden auch gemeinsame Entscheidungen über die verwendeten Materialien getroffen.
Trotzdem schlägt die Bahn gegenüber den Herstellern jetzt andere Töne an. Den vollen Preis für neue Züge will Rüdiger Grube künftig erst dann überweisen, wenn ein paar Jahre nach der Auslieferung ins Land gegangen und keine Probleme aufgetaucht sind. Das trifft Siemens, das die neuen Hochgeschwindigkeitszüge ICx liefert. „Über sieben Jahre behalte ich zehn Prozent”, kündigt der Bahnchef an. Insgesamt investiert die Bahn sechs Milliarden Euro in die ICx-Reihe.
Ein Gipfeltreffen im Verkehrsministerium sollte am Donnerstag für Klarheit im Bahnverkehr sorgen. Erwartet wurden neben Minister Peter Ramsauer (CSU) und Grube der Chef der Bahnsparte von Siemens, Hans-Jörg Grundmann, Bombardier-Deutschland-Chef Klaus Baur und der Präsident des Eisenbahnbundesamts, Gerald Hörster.