Ergo erstattet Strafanzeige
Nach wochenlangen Negativ-Schlagzeilen hat die Ergo-Versicherungsgruppe Strafanzeige wegen versuchter Erpressung erstattet. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann am Freitag in Düsseldorf, ohne Einzelheiten zu nennen.
Düsseldorf - Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" steht die Anzeige im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden des Sex-Skandals in Budapest und der in die Presse gelangten zu hohen Gebühren für Riester-Policen. Hintergrund sei ein millionenschwerer Streit über Abfindungen früherer Versicherungsvertreter.
Der Zeitung zufolge richtet sich die Strafanzeige gegen zwei Rechtsanwälteprüfer und einen Geschäftsmann. "Wir kommentieren das nicht", sagte ein Ergo-Sprecher. Laut Zeitung sollen die angezeigten Männer die ehemaligen Ergo-Vertriebsleute in der Auseinandersetzung um die Abfindungen vertreten. Nach der anfänglichen Forderung von 112 Millionen Euro sollen nun noch 24 Millionen im Raum stehen. "Hier wird ein neues Geschäftsmodell von Berufsklägern ausprobiert", zitiert die FTD einen Kenner der Vorgänge.
Am Donnerstag hatte die Ergo bestätigen müssen, dass Kunden zu hohe Verwaltungsgebühren bei Riester-Verträgen berechnet wurden. Zur Zahl der Kunden und zur Höhe der Summe machte die Ergo keine Angaben. Dem "Handelsblatt" zufolge wurden bei 70 000 Riester-Verträgen insgesamt 160 Millionen Euro zuviel kassiert. "Die genannten Zahlen scheinen deutlich zu hoch", sagte ein Ergo-Sprecher dazu am Freitag.
Die Ergo gehört dem Rückversicherer MunichRe. Deren Chef Nikolaus von Bomhard sprach von einem "gravierenden Fehler". "Im Interesse der Verbraucher wird dieser Vorfall lückenlos aufgeklärt", kündigte er am Freitag in München an.
"Mal wieder die Hamburg-Mannheimer", sagte Hajo Köster, Justiziar des Bundes der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. "Der Ergo-Vorstand muss sich dafür verbürgen, dass er alle betroffenen Versicherten anschreibt und ihnen die Beiträge rückwirkend und mit allen Konsequenzen gutschreibt. Auch denen, die bereits ausgestiegen sind." Es dürfe nicht sein, dass die Korrektur den Versicherten überlassen werde und die Versicherung von ihrem Fehler profitiere.
Ein Jurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen riet den Betroffenen, auf eine Neuberechnung des Vertrages zu pochen: "Die Leute können zwar nicht mit der Auszahlung des Geldes rechnen, aber das Guthaben im Vertrag wird sich erhöhen", sagte Markus Feck. Auf die Versicherung sollten sich die Betroffenen nicht verlassen, sondern besser mit sämtlichen Unterlagen eine Beratungsstelle der Verbraucherzentrale aufsuchen.
Vor wenigen Wochen war die Gesellschaft nach Bekanntwerden eines Sex-Skandals in die Schusslinie geraten: Im Juni 2007 hatte der Strukturvertrieb der Hamburg-Mannheimer in Budapest eine Sex-Orgie mit rund 20 Prostituierte für seine 100 besten Vertreter organisiert. Der Sex-Skandal hatte in der Versicherungsbranche für massive Verstimmung gesorgt. Als Konsequenz verschärfte Ergo am Mittwoch seine Verhaltensregeln für Mitarbeiter und selbstständige Handelsvertreter.