Energie als Waffe

"Putin ist dringend auf sprudelnde Petro-Rubel angewiesen" - Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über Russland und den politischen Gasdruck.
von  Abendzeitung

"Putin ist dringend auf sprudelnde Petro-Rubel angewiesen" - Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über Russland und den politischen Gasdruck.

Manche Alpträume kommen wieder – und sie verlieren nicht ihren Schrecken, nur weil sie schon mal da waren. So ähnlich ergeht es Europa mit den Gaslieferungen aus Russland.

Schon vor vier Jahren hat Moskau am Gashahn gedreht. Damals wie heute geschah das vordergründig, um unbotmäßige Ex-Republiken und -Satelliten der Sowjetunion zu disziplinieren. Doch die Botschaft ging weiter, und sie hat bis heute nichts an Brisanz verloren: Russland ist bereit, seine reichlich vorhandene Energie alsWaffe einzusetzen. Auf diese Weise kommt die lange gedemütigte Nation wieder in die Nähe alter Supermacht-Größe – und das ganz ohne Waffen.

Es ist Riesentabubruch: Selbst in den frostigsten Perioden des Kalten Krieges hatte die UdSSR nie mit Gasdruck gearbeitet. Vladimir Putin, der starke Mann am Gasventil, hat da weniger Hemmungen.

Aber es geht um mehr als nur verletzten Nationalstolz. In der Krise brauchen Rohstofflieferanten steigende Preise. Für das Kreml-Regime gilt das ganz besonders. Schließlich verdankt die neue Elite und eine neue Mittelschicht ihren früher ungeahnten Reichtum den Petro-Rubeln. Doch diese Quellen drohen in der Krise zu versiegen.

Die Oligarchen werden weiter Champagner-Bäder nehmen können, doch an eine dringend nötige Modernisierung der russischen Gesellschaft ist mit sinkenden Staatseinnahmen nicht zu denken. Die Krise kann Putin und Medwedew gefährlich werden. Deshalb werden sie alles dafür tun, damit die Preise hoch bleiben. Verknappung und Verunsicherung ist da ein Mittel der Wahl.

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