Eine Lebensmittel-Ampel? Her damit!
MÜNCHEN - Eine Studie beweist: Die Lebensmittelindustrie verwirrt die Verbraucher mit ihren willkürlichen Nährwertangaben auf Lebensmitteln. Die Lösung wäre einfach – aber die Konzerne weigern sich.
Rot, gelb, grün – für Fett, Zucker und Salz. Eine solche Ampelkennzeichnung wünschen sich Verbraucherschützer. Sie soll Konsumenten helfen, den Nährwertgehalt bei Lebensmitteln richtig einzuschätzen. Eine Studie zeigt jetzt: Für Käufer ist das Ampelsystem nicht nur gut nachvollziehbar. Sie verstehen es auch besser als das System der Lebensmittelindustrie.
Der Streit. Die Hersteller lehnen die Ampel ab. Die Branche hat eine eigene Kennzeichung eingeführt: das GDA-System („guideline daily amount“ – Richtlinie für den täglichen Bedarf).
"Die Industrie rechnet sich ihre Produkte gesund"
Der Test. Im Auftrag der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hat der Konsumforscher GfK herausgefunden: Das GDA-System verwirrt Verbraucher mehr, als es ihnen hilft. Die Forscher ließen Verbraucher den Zuckergehalt der Frühstücksflocken „Trio“ einschätzen. Ergebnis: Beim GDA-System erkannten 64 Prozent, dass das Produkt ziemlich viel Zucker enthält. Bei der Ampel waren es 89 Prozent – deutlich mehr.
Anschließend verglichen die Verbraucher zwei Sorten Frühstücksflocken desselben Herstellers. Bei der Ampel erkannten 92 Prozent, welches Produkt mehr Zucker enthielt. Beim Industrie-System dagegegen hielten fast 70 Prozent das stärker gesüßte Produkt für das zuckerärmere.
Die Bewertung. „Nichtmal bei Produkten desselben Herstellers sorgt das GDA-System für Klarheit“, sagt Martin Rücker von Foodwatch. Problem: Die Industrie-Kennzeichnung bezieht sich auf willkürliche Portionsgrößen. Die sind bei jedem Produkt verschieden – und meist zu klein gewählt. „Die Industrie rechnet sich so ihre Produkte gesund“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Beispiel Frückstücksflocken: Als Portion gibt der Hersteller 30 Gramm an. Tatsächlich isst man mehr und nimmt mehr Zucker zu sich. „Die Angaben der Lebensmittelampel beziehen sich dagegen bei allen Produkten auf 100 Gramm“, sagt Martin Rücker. So würden sie vergleichbar.
Die Forderung. Verbraucherschützer fordern die Ampelpflicht. Ein Spitzentreffen mit Verbraucherministerium und Industrie ist geplatzt. Daher „ampeln“ Verbraucherschützer die Produkte nun selbst .
Andreas Jalsovec
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