Ein Bahnsinn!

Überall wird gespart – kein Wunder, dass viele das Auto nehmen: Annette Zoch, AZ-Redakteurin, über die Probleme der Deutschen Bahn
Die Beschimpfung der Bahn ist so etwas wie ein Volkssport in Deutschland. Wenn einem der Gesprächsstoff ausgegangen ist, ist Bahn-Bashing der sichere Bringer auf jeder Party. Wer hat nicht mindestens drei haarsträubende Verspätungs-Geschichten zu bieten?
Das Schlimme ist, dass fast all diese Geschichten stimmen. Kaum ein Unternehmen hat so ein mieses Image wie die Deutsche Bahn. Zu Recht. Die Ursache für die Misere ist klar: der Börsengang. Auch wenn der neue Bahn-Chef Rüdiger Grube das Projekt erstmal auf unbestimmte Zeit verschoben hat, das ganze Unternehmen wird nach wie vor auf diesen Schritt hingetrimmt. Es wird verschlankt und aufgehübscht und mit allerlei unsinnigen Prestige-Schleifchen versehen, wie zum Beispiel dem milliardenschweren Stuttgarter Bahnhofsausbau oder dem geplanten Bau eines Schienennetzes für das Emirat Katar.
Dafür wird hierzulande Personal abgebaut und das regionale Schienennetz ausgedünnt. Städte werden vom Fernverkehrsnetz abgekoppelt, so dass man nur nochmit viermal Umsteigen ankommt. In manchen Ortschaften gibt’s nicht mal mehr Fahrkartenautomaten, nur noch ein karges Gleis.
Kein Wunder, dass die Deutschen in diesen Gegenden lieber Auto fahren als auf die umweltfreundlichere Bahn umzusteigen. Man möchte sich lieber nicht vorstellen, wie es auf unseren Straßen aussieht, wenn eine privatisierte Bahn dann mal genauso super funktioniert wie zum Beispiel in Großbritannien. Nämlich gar nicht. Vielleicht sollte unsere Klimakanzlerin sich das mal überlegen.