Edle Tropfen als Geldanlage: Macht Wein flüssig?

München - Eine Wertsteigerung von 32 Prozent in fünf Jahren? Beeindruckend. Wo gibt's sowas? Der Liv-ex Fine Wine 100 Index verzeichnet derartige Preisentwicklungen. In zinsarmen Zeiten denken viele potenzielle Anleger über Alternativen zu üblichen Investments nach. Investieren in Wein - eine gute Idee?
Verbraucherzentrale: Wein eine risikoreiche Anlage
In Rheinland-Pfalz sollte man es wissen. Josephine Holzhäuser, Finanzexpertin der dortigen Verbraucherzentrale, sagt, für jemanden, der 50 Euro im Monat für die Altersvorsorge hat, sei diese Art der Geldanlage "völlig irrelevant". Und dann das Problem der Lagerkapazität. 20 Jahre im Kühlschrank - das ist keine Lösung. Sie ordnet Wein in risikoreichere Anlagen ein. Wer doch investieren will, müsse sich an Händler oder Magazine wenden
Oder an Christian Fischl. Er ist Geschäftsführer der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung in München. Er kennt die Flucht der Anleger in Nischen, weil sonst nicht mehr viel geht. "Alternativen zur klassischen Zinsanlage fehlen seit Beginn der Negativzinsen, aber es ist genügend Kapital vorhanden, was angelegt werden muss."
Nischenmarkt: Investition in Weingüter oder Weinfonds
Könnte Wein also eine lohnende Anlage sein? Man muss differenzieren, rät Fischl: Auch eine indirekte Anlage, etwa eine Beteiligung an börsennotierten Weinhändlern, Weingütern oder Weinfonds, müsse man in Betracht ziehen. "Da muss man im Einzelfall immer sorgfältig prüfen, wie seriös ist der Anbieter, wer sind die handelnden Personen, wo ist der Erfüllungsort und vor allem auch: Was wird prognostiziert, mit welchen Annahmen aus der Vergangenheit?"
Anlegen in Wein: Nichts für den klassischen Privatanleger
Die Zahlen des Fine Wine Index seien indes verlockend, aber der Vermögensverwalter warnt: "Es ist in der Tat verführerisch, aber ein Nischenmarkt, beziehungsweise eher etwas für ganz große Kapitalanleger, die ganze Weinberge oder Weingüter besitzen beziehungsweise kaufen. Für den klassischen Privatanleger ist Wein meiner Meinung nach ein schönes Hobby, aber grundsätzlich aufgrund vieler Dinge, die es zu beachten gilt, weniger geeignet."
Das Kernproblem bleibt: Wohin überhaupt mit den Burgundern und Bordeaux? Eine Lösung könnte die Winebank sein, ein "Private Members' Club für Weinbegeisterte", wie sich das Unternehmen mit Sitz in Eltville und Standorten in verschiedenen Ländern bezeichnet. Die Winebank bietet professionelle Lagerung von Weinen.
Merkt man dort eine verstärkte Nachfrage nach Lagerplätzen? Am Standort im Rheingau sei die Weinlagerung als Form des Investments noch nicht angekommen, sagt Club-Manager Dominic Nebel. Er rät: "Es muss schon ein perfekter Jahrgang sein, der mindestens zehn Jahre lagern muss."
Lagerung: Wein hat genaue Vorgaben
Bei Unger Weine in Frasdorf im Chiemgau registriert man eine verstärkte Nachfrage nach Lagerplätzen. "Wir sehen einen großen Bedarf", sagt Gründer und Geschäftsführer Michael Unger - was auch daran liege, dass moderne Keller einfach weniger als Weindomizil nutzbar seien. Essenziell sei die richtige Temperatur, konstant zwischen zehn und 17 Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit sollte bei 70 bis 75 Prozent liegen. Für Unger steht fest: Ein Nicht-Weintrinker sollte vom Investieren die Finger lassen.
"Ein vernünftiges Weinwissen schadet nicht", sagt auch Stefan Sedlmeyr, Geschäftsführer des Wein-Auktionshauses Munich Wine Company. Wichtig auch: Die Weinentwicklung ist an die Aktienentwicklung gekoppelt. Wein sei kein "Rein-raus-Geschäft", gibt Sedlmeyr zu bedenken. Im Schnitt könne man bei gutem Einkauf eine Wertsteigerung von zehn Prozent pro Jahr erwarten.
Weinmarkt wächst und Flaschen werden hoch gehandelt
Schwindelerregende Preise erfährt man von Sotheby's: Die drei wichtigsten Weinposten 2021, darunter zwei Romanée Conti, bewegen sich zwischen 400 000 (für eine Sechs-Liter-Flasche) und 500 000 US-Dollar (ein Posten von neun Flaschen). "Der Markt für edle Weine wächst, vor allem durch die Zunahme von Sammlern und Kennern weltweit", sagt Amayès Aouli, Head of Auction Sales for Continental Europe bei Sotheby's Wine. Die meisten Weinrekorde kämen heute aus dem Burgund. Aouli rät, bei reinen Anlageweinen fünf Hauptelemente zu berücksichtigen: "Seltenheit, Ruf, Jahrgang, Kritikerbewertungen und Provenienz - sowohl die Herkunft als auch die Lagerung."