Druck muss sein
"Um zu verhindern, dass der wachsende Energiehunger der Welt die Wirtschaft stranguliert, müssen schon weiter reichende Lösungsansätze durchdacht werden." Susanne Stephan über die Reaktion Berlins auf die steigenden Energiepreise.
Die Gaspreise sollen schleunigst von den Ölpreisen entkoppelt werden, verlangt Staatssekretär Michael Müller. Bravo, kann man da nur sagen. Mit so einer Forderung können Regierungs-Vertreter nichts verkehrt machen: Sie wurde schon vielfach geäußert, erfordert also kein aufwändiges Nachdenken, und sie suggeriert Anteilnahme an den Belangen des Verbrauchers.Welcher Gaskunde ärgert sich nicht über seine hohe Nebenkosten-Rechnung?
Im Ernst: So richtig wegweisend sind Vorschläge wie dieser nicht. Energie ist knapp geworden und wird angesichts des wachsenden Bedarfs in Asien immer knapper. Das ändert kein noch so verbraucherfreundliches Preissystem für einzelne Energieträger wie beispielsweise Erdgas etwas. Um zu verhindern, dass der wachsende Energiehunger der Welt die Wirtschaft stranguliert, müssen schon weiter reichende Lösungsansätze durchdacht werden: Wie beispielsweise kann China geholfen werden, seine Industrieanlagen effizienter zu betreiben? Welche Fortbewegungsmittel sind am besten geeignet, die Mobilitätsansprüche kommender Generationen zu erfüllen?
Ohne Druck wird die Energiefrage wohl kaum gelöst werden. Ohne Druck in Form hoher Energiekosten hätten deutsche Umwelttechnik-Firmen auch nicht das Know How entwickelt, für das sie heute weltberühmt sind. Ganze Branchen wie die deutsche Autoindustrie haben aber noch Nachholbedarf in Sachen Energiesparen – da sollte die Politik mal nachhelfen, anstatt sich in Populismus zu üben
Die Autorin ist Wirtschaftsredakteurin der AZ.
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