Diffuse Ängste

"Wir brauchen die EU, und wir brauchen sie möglichst handlungsfähig, transparent und demokratisch." Anja Timmermann über die EU-Krise um den Vertrag von Lissabon.
von  Abendzeitung

"Wir brauchen die EU, und wir brauchen sie möglichst handlungsfähig, transparent und demokratisch." Anja Timmermann über die EU-Krise um den Vertrag von Lissabon.

Arme EU. Sie ruft bei vielen im besten Fall Desinteresse, aber häufiger diffuse Ängste oder einfach nur Anti-Stimmung hervor - eine dankbare Projektionsfläche für allen Ärger über „Die da oben“. Beim irischen Nein war einer der meistgenannten Gründe, das Abtreibungsrecht könnte dann geändert werden. Der Vertrag von Lissabon hat allerdings nicht das Geringste damit zu tun. Umso bitterer, dass daran ein Reformwerk nun zu scheitern droht, das Europa besser machen würde - weil es aufräumt mit den undurchschaubaren Regeln, die Einstimmigkeit erzwingen und damit zu Mauscheleien und Hinterzimmer- Deals geradezu einladen.

Neu wäre an der Reform das gute alte demokratische Prinzip, dass die Mehrheit entscheidet. Ebenso widersinnig ist die Haltung der Lafontaine-Linken: Sie wettern gegen die Globalisierung und sind deswegen gegen die EU.Weil es nicht sein darf und Angst macht, dass in anderen Ländern billiger produziert wird und deswegen bei uns Jobs gefährdet sind. Aber es ist eben so, dass in anderen Ländern billiger produziert wird – und um so sinnvoller wäre es, eben jene Globalisierung soweit möglich zu gestalten und wenigstens für Europa ein paar gemeinsame Regeln festzuschreiben. Abgeschottet und isoliert hätten wir es noch schwerer.

Wir brauchen die EU, und wir brauchen sie möglichst handlungsfähig, transparent und demokratisch. Genau das will der Lissabon-Vertrag. Und deswegen ist es richtig, ihn nun voranzutreiben – zur Not ohne Rücksicht auf irische Abtreibungsgegner.

Die Autorin ist Politikredakteurin der AZ

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