Die wahre Coolness
"Sie könnten dem Sportereignis den Spaß austreiben, befeuert von Alkohol und einer der schlimmsten Geißeln der modernen Gesellschaften, dem Nationalismus." Matthias Maus über Fußball, Hooligans und Provokationen
Es soll, da sind sich sicher 99 Prozent aller Interessierten einig, ein Superfest werden. Mit Jubel, Daumen drücken, Fingernägel beißen, mit jeder Menge Toren und – von mir aus – auch mit Fahnen. Doch die Spannung, die vor der EM aufkommt, ist nicht bei allen Beteiligten gleichbedeutend mit Vorfreude. In der Haut so mancher Sicherheitsverantwortlicher möchte man gerade nicht stecken.
Erwartungsfroh sind auch Menschen, meist sind es Männer, die unter Wettkampf hauptsächlich Kampf verstehen – und die wollen nicht nur spielen. Hooligans sind auch diesmal wieder ein Thema. Sie könnten dem Sportereignis den Spaß austreiben, befeuert von Alkohol und einer der schlimmsten Geißeln der modernen Gesellschaften, dem Nationalismus. Vor diesem Hintergrund ist die Frage schon erlaubt, ob man als Volksheld ausgerechnet jetzt nationalistische Klischees bedienen muss. Zbigniew Boniek löst keine Staatskrise aus, aber richtig clever ist seine Bemerkung auch nicht.
Sicher ist nachbarschaftliche Rivalität nicht an sich etwas Schlechtes. Nur:Witzig ist sie in den seltensten Fällen, und meist bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Deshalb ist jetzt, wo alles noch so schön friedlich ist, verbale Abrüstung und Gelassenheit die richtige Einstellung. Besonnenheit ist die wahre Coolness. Aufgeheizt wird die Stimmung schnell genug. Aber dann hoffentlich nur durch die Kunst von Ballack, Ronaldo, Toni und Co.
Der Autor ist Chefreporter der Abendzeitung
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